- Presseunterlage PK Hüsler (7 MB!)
Ein ausgebautes Straßenbahnnetz bringt eine bis zu verdoppelte Kapazität und ist jedenfalls zukunftsfit. Das ist das Ergebnis eines Stresstests, beauftragt von der städtischen Verkehrsplanung. Zur notwendigen Verbesserung es Stadt-Umland-Verkehrs werden mit ÖV-Experten Willi Hüsler mehrere Planfälle des S-Bahn-Ausbaus analysiert und in die Arbeitsgruppe "Innovative Mobilitätslösungen für Graz" einfließen, die eine Entscheidungsgrundlage für die Politik erarbeitet.
Der Stresstest ist insofern wichtig, weil ja die Machbarkeitsstudie für die Mini-Metro darauf fußt, dass die Kapazitäten für die Straßenbahn (Stichwort: Engstellen) schon jetzt am Plafond erreicht habe. Stimmt nicht, widerlegten die Experten rund um den Züricher Spezialisten Willi Hüsler: mit längeren Straßenbahnzügen und einer Auffächerung und Vernetzung der Linien können mit neuen, smarten Betriebskonzepten die Kapazitäten um bis zu 100 Prozent gesteigert werden. "Mit dem Ausbau u.a. der Innenstadtentflechtung wird die Leistungsfähigkeit der Straßenbahn gesteigert - auch im Frühverkehr - und damit fit für die Zukunft gemacht", erläutert Martin Bauer von der Abteilung für Verkehrsplanung.
„Am Ausbau der Straßenbahn führt für mich kein Weg vorbei", betonte Stadträtin Elke Kahr bei einer Pressekonferenz am 23. Juni. Sie verwies gleichzeitig darauf, dass auch die Qualität am Bestand und im Betrieb stimmen müsse, ebenso die Preispolitik: Die jährliche Tariferhöhung aktuell mit 1. Juli hält sie für ein falsches Signal.
"Graz größer denken"
Auf die Stadtentwicklung, die vor allem im Süden und Südwesten stattfindet, muss man laut Hüsler und Peter König von Prime Mobility reagieren: „Wir sind zu fixiert auf die Herrengasse, aber im Zentrum haben wir schon viele Menschen, die den öffentlichen Verkehr nutzen. In den äußeren Bezirken können wir viel aufholen."
Die Entwicklung von Subzentren sollte mittels neuer Linien und Haltestellen gefördert werden, die Erschließung von großen Betrieben am Stadtrand berge viel Potenzial: „In den äußeren Räumen, wo das Auto noch König ist, muss der ÖV verbessert werden." So gesehen müsse man Graz größer denken.
Vorbild Zürich
Der Züricher Planer sieht grundlegend durchaus Parallelen zu seiner Heimatstadt. In Zürich habe man die Tramlinien in die Peripherie gebracht und das S-Bahn-System massiv ausgebaut, u.a. mit 2 Stadttunneln: von 1990 bis heute konnte man die Zahl der Fahrgäste verdreifachen und den KFZ-Anteil in der Stadt (inklusive Begleitmaßnahmen) von 40 auf 25 % reduzieren.
4 S-Bahn Planfälle
Jedes zweite Auto, das in Graz unterwegs ist, überquert die Stadtgrenze. Deshalb müsse zum Ausbau der Straßenbahn - und in Ergänzung des Busnetzes - die S-Bahn als schon bestehendes, aber noch wirklich gut entwickelte Verbindung in das Umland weiterentwickelt werden.
In einer Potenzialanalyse wird dies bis Herbst für mehrere Planfälle durch Hüsler erfolgen. Dabei wird angeschaut, welche Wirkung Taktverdichtung, zusätzliche neue Haltestellen, aber auch eine neue, als Tunnel ausgebildete Spange durch die City (Ostbahnhof - Zentrum - Hauptbahnhof) oder die 11 km lange Premium-Variante (Schleife zwischen Ost- und Hauptbahnhof über Uni, LKH, WKO). Zusätzlich zur Kosten-Nutzen-Abschätzung werden auch die CO2-Bilanzen bewertet und ein Vergleich zur Mini-Metro angestellt.
Dass bei einer Entscheidung für den S-Bahn-Citytunnel, der eine zusätzliche innerstädtische Erschießung plus direkter Verbindung in die Region schaffen würde, die Mini-Metro wohl ersetzen würde, wurde nicht explizit ausgesprochen. Wohl war aber von „erheblichen Erschließungslücken" im U-Bahn-Konzept die Rede: Laut MUM-Machbarkeitsstudie sollen 43 % der GrazerInnen in einer Entfernung von bis zu 600 Metern eine Metrostation vorfinden, hingegen haben mit dem Ausbau des Straßenbahnnetzes 190.000 Bewohner:innen und 130.000 Erwerbstätige eine Tram-Haltestelle in maximal 300 Metern. Dazu muss man wissen, dass gerade die Länge des Wegs zur Haltestelle entscheidend für die ÖV-Nutzung ist und Attraktivität und Nutzungsbereitschaft über 300 m stark abnimmt.
Zum Thema U-Bahn-Studie äußerte sich Hüsler sonst diplomatisch: „Wir haben nicht die beste Lösung, wir suchen sie." Und: „Wir werden nun alle Pläne bewerten, die Entscheidung liegt bei der Politik."
Demgemäß wurde der Arbeitsbericht auch in der Expertengruppe „Innovative Mobilitätslösung für Graz" erörtert, die Ergebnisse werden dann auch einfließen, sagte der Leiter der Abteilung für Verkehrsplanung, Wolfgang Feigl.
Wolfgang Wehap