Ehrenringträgerin der Stadt Graz
Gemeinderatsbeschluss am 16. Februar 2023, Festsitzung am 25. Mai 2023
Zur Person
Olga Neuwirth wurde am 4. August 1968 in Graz geboren. Ab dem siebten Lebensjahr bekam sie Trompetenunterricht, konnte das Instrument später aber aufgrund eines Unfalls nicht studieren. Bereits mit sechzehn Jahren begegnete sie der Schriftstellerin und späteren Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, mit der sie seitdem immer wieder zusammenarbeitet. Ihrer ersten Auftragsarbeit für den „steirischen herbst" gab die damals siebzehnjährige Komponistin den Namen „Die gelbe Kuh tanzt Ragtime".
Ab 1986 studierte Olga Neuwirth zunächst am Conservatory of Music und am Art College in San Francisco, Malerei und Film. In Wien führte sie ihre Studien an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst sowie am Elektroakustischen Institut weiter. Inspiration waren ihr in dieser Zeit unter anderem die Begegnungen mit Komponisten wie Adriana Hölszky, Tristan Murail und Luigi Nono.
Mit ihren beiden Mini-Opern nach Texten von Elfriede Jelinek erlangte Olga Neuwirth mit 22 Jahren das erste Mal internationale Bekanntheit. Die Inspiration für ihre spannungsgeladenen Kompositionen findet die Künstlerin in den unterschiedlichsten Quellen - etwa in der Architektur, der Psychologie, Literatur, Naturwissenschaft und im Alltag. Dafür gilt sie in der Neuen-Musik-Szene als Pionierin.
Hervorzustreichen sind auch ihre herausragenden abendfüllenden Musiktheaterwerke wie „Bählamms Fest" nach Leonora Carrington. Für die Oper „Lost Highway" nach David Lynch, die beim „steirischen herbst" 2003 uraufgeführt wurde, schrieben Elfriede Jelinek und Olga Neuwirth das Libretto gemeinsam. Höchst bemerkenswert sind außerdem „The Outcast" nach Herman Melville und „American Lulu" nach Alban Berg. Ihre Oper Orlando, die auf dem Roman von Virginia Woolf basiert, ist die erste von einer Frau komponierte abendfüllende Oper, die von der Wiener Staatsoper in Auftrag gegeben wurde.
Außerdem schuf die international höchst erfolgreiche Komponistin, Visual artist und Autorin neben Theater- auch Filmmusik, etwa für den Spielfilm „Das Vaterspiel" von Michael Glawogger, der erstmals im Rahmen der Berlinale gezeigt wurde oder für „Ich seh Ich seh" von Veronika Franz und Severin Fiala, der bei den Internationalen Filmfestspielen in Venedig Premiere hatte.
Schon in den 1990ern ließ Neuwirth die Grenzen zwischen Oper, Schauspiel, Performance, Video und Hörspiel verschwimmen. Sie brach mit herkömmlichen Präsentationsformen, wie etwa im Rahmen der Salzburger Festspiele 1998, als der Klang aufziehbaren Kinderspielzeugs in den Zuschauerraum übertragen und dazu Texte von Elfriede Jelinek zur Verhaltensweise des Publikums eingeblendet wurden.
In den kommenden Jahren ist unter anderem ihr für Pierre Boulez und das London Symphony Orchestra geschriebenes Werk Clinamen/Nodus, das nach der Londoner Uraufführung in einer weltweiten Tournee zu hören war, hervorzustreichen. Außerdem war sie composer-in-residence bei den Luzerner Festwochen, wo DJ Spooky ihrer Musik remixen durfte. Später entstanden zwei bemerkenswerte Solokonzerte: ein Trompetenkonzert für Håkan Hardenberger und ein Violakonzert für Antoine Tamestit. Der Neuproduktion der English National Opera im Young Vic wurde der „South Bank Show Award" verliehen. Bemerkenswert ist auch Masaot/Clocks without Hands, geschrieben für die Wiener Philharmoniker und in Köln unter der Leitung von Daniel Harding uraufgeführt.
Die Liste von Olga Neuwirths nationalen und internationalen Preisen ist äußerst beeindruckend. So wurde ihr unter anderem in den 1990er-Jahren der Förderpreis des Ernst-von-Siemens-Musikpreises zuteil. Für die Oper Bählamms Fest wurde sie mit dem Ernst-Krenek-Preis geehrt, der höchsten Auszeichnung, die die Stadt Wien für besondere Leistungen im Bereich der Musik zu vergeben hat. 2009 bekam sie den „South West Show Award" für „Lost Highway" und ein Jahr später als erste Frau den Großen Österreichischen Staatspreis für Musik. Somit wurde sie auch zur jüngsten Staatspreisträgerin der Geschichte.
Mehrfach war die erfolgreiche Komponistin für den Österreichischen Filmpreis nominiert und wurde 2017 mit dem „Deutschen Musikautorenpreis" in der Kategorie Orchester ausgezeichnet. Zwei Jahre später wurde ihr das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst verliehen. Auch die Wolf Foundation ehrte die Künstlerin gemeinsam mit Musiker Stevie Wonder mit dem Wolf-Preis. Erst im letzten Jahr folgten der Grawemeyer Award für die Oper Orlando und der Ernst von Siemens Musikpreis.
All das zeigt Olga Neuwirths Vielseitigkeit als Künstlerin und Schöpferin von Bühnenwerken, Instrumentalkonzerten, Kammermusik, Orchester- und Ensemblewerken. In ihren Werken greift sie aktuelle wie politische Themen der Identität, Gewalt und Intoleranz auf.