Hitze, Trockenheit, Streusalz, Bodenverdichtung
Junge Bäume haben es in der Stadt besonders schwer. Sie müssen Wind und Wetter meist als Solitär totzen, während ihre Kollegen im Wald einander Schutz bieten. In Folge des Klimawandels nehmen Tropentage und sommerliche Hitzewellen sowie verlängerte Trockenperioden zu, während Schnee- und Regentage abnehmen. Regen kommt immer häufiger als Starkregenereignis, dessen Flut insbesondere von der trockenen Erde kaum aufzunehmen ist. Der Salzeintrag, um Geh- und Radwege sowie Straßen im Winter eisfrei zu halten schädigt die Pflanzenzellen und beeinträchtigt den Wasser- und Nährstofftransport der Bäume. Dieser Effekt wird durch Hitze und Wasserknappheit noch verstärkt.
Viele unserer vertrauten Baumarten kommen mit diesen verschärften Bedingungen nicht mehr gut zurecht. Beispielsweise an heimischen Linden und Ahorn-Bäumen sind mancherorts schon im Frühsommer trockene, braune Blattränder, sogenannte Blattnekrosen zu sehen. Geschwächte Bäume werden außerdem von Pflanzenschädlingen verstärkt befallen. So setzt zum Beispiel die Miniermotte der im Grazer Stadtbild uns wohlvertrauten weißblühenden Roßkastanie immer mehr zu.
Dies gilt sowohl für Bestandsbäume, als auch für Neupflanzungen. Wo Bestandsbäume absterben oder entnommen werden müssen (beispielsweise wil die Standfestigkeit nicht mehr gegeben ist), wird immer auch die Baumart und ihre Anpassung an die örtlichen gegebenheiten überprüft. Vielerorts werden so Schritt für Schritt auch Bestandsbaum-Reihen oder Alleen, insbesondere entlang von Straßen auf neue Baumarten umgestellt.
Zusätzlich untersucht die Abteilung für Grünraum und Gewässer gemeinsam mit wissenschaftlichen Forschungspartner:innen im Pilotprojekt MufuWu Möglichkeiten, Bestandsbaumstandorte zu sanieren und damit die Lebenszeit von großen schattenspendenden Bestandsbäumen zu verlängern.
Neue Baumarten
Während heimische Baumarten nach wie vor in Parkanlagen, Wäldern und größeren zusammenhängenden Grünflächen gepflanzt werden, sind an Straßen und auf Plätzen zunehmend neue Baumarten zu sehen. In vielen Weltgegenden haben sich Bäume über viele tausend Jahre an Hitze und Trockenheit angepasst - beispielsweise der Japanische Schnurbaum (Sophora japonica), die japanische Zelkove (Zelkova serrata) oder der Blasenbaum (Koelreuteria paniculata), dessen Verbreitungsgebiet ursprünglich in China liegt. Auch der südliche Zürgelbaum (Celtis australis), die Gleditschie (Gleditsia) und die Blumenesche (Fraxinus ornus) haben sich im Süden Europas und Norden Afrikas schon lange an Wassernappheit und Hitze gewöhnt. Ebenso hat die Pennsylvanische oder Rot-Esche (Fraxinus pennsylvanica) Robustheit entwickelt. Die beiden letztgenannten Eschenarten werden deshalb anders als unsere heimischen Eschen nicht von jenem Schlauchpilz befallen, der das Eschentriebsterben verursacht.
Durch Züchtung konnten außerdem die Eigenschaften einiger Baumarten deutlich verbessert und damit ihre Verwendung im Straßenraum gesichert werden. Beispielsweise die Resista-Ulmen, welche resistent gegen jenen Pilz sind, der seit den 70er Jahren heimische Ulmen in großer Zahl absterben lässt.
All dies kommt uns heute in Graz zugute.
Informieren Sie sich über die klimafitten Baumarten für Privatgärten (pdf)
Bienenfreundliche Stadtbäume
Viele der neuen Baumarten sind neben ihrer Stadtklimatauglichkeit auch ausgesprochene Bienen- und Insektennährgehölze und tragen im Herbst attraktive Früchte. Andere beeindrucken durch ihre farbenfrohe Herbstfärbung.
Verschiedene Wuchsformen für unterschiedliche Standorte
Je nach Standort können verschiedene Wuchsformen gewählt werden. Säulenförmige Bäume können auch in engeren Straßenquerschnitten Geh- und Radwege beschatten; während hohe und ausladende Kronen zukünftig Plätze oder ganze Straßenquerschnitte beschatten können. Damit soll auch in kommenden Sommern die Lebensqualität in unserer Stadt gesichert werden.
Bauliche Maßnahmen
Primär sollen Bäume in ausreichend großen Baumscheiben, Grünstreifen oder Grünflächen wachsen können. Wo das aber nicht möglich ist, weil aufgrund von hoher Frequenz und/oder der Notwendigkeit von Befahrung (Rad, ÖV, MIV) ein hoher Versiegelungsgrad unvermeidbar ist, müssen nachhaltige Baumstandorte mit hohem KOstenaufwand baulich hergestellt werden. Denn gerade dort sind die urbane Überhitzung und damit das Bedürfnis nach Begrünung, Beschattung und Abkühlung am Größten.
In Graz sind wir seit dem Jahr 2017 Vorreiter in der Umsetzung von Baumstandorten im sogenannten Stockholmsystem. Dabei werden große, zusammenhängende, unterirdische Wurzelkörper aufgebaut, welche den Bäumen langfristig Wurzelraum, Luft, Wasser und Nährstoffe zur Verfügung stellen. Durch Einlaufschächte wird Oberflächenwasser (Regen, Schneeschmelze) direkt zu den Bäumen geleitet. Näheres zum Thema Schwammstadt hier.
Umgesetzt wurden so beispielsweise die Eggenberger Allee, der Haltestellenbereich in der Leonhardstraße auf Höhe der Reiterkaserne, der Leonhardgürtel oder die Waagner-Biro-Straße.