- Im Jahr 2019 wurde die Asiatische Tigermücke erstmals in Graz nachgewiesen. Seit 2021 verbreitet sich das Tier trotz umfassender Bekämpfungsmaßnahmen sehr stark in ganz Graz und Umgebung.
- Die Tigermücke ist tagaktiv; das weibliche Tier ist stechfreudig und kann gefährliche Krankheiten wie z.B. das Dengue-Fieber, West-Nil-Fieber, Chikungunya, Zika u.a. auf den Menschen übertragen.
Siehe auch: Tigermücken in Graz - Aufgrund der hohen Ausbreitung startete das Gesundheitsamt gemeinsam mit dem "Insect-pest-Laboratory" der IAEA Seibersdorf im August 2025 ein Pilotprojekt mit sterilen Tigermückenmännchen. Dabei werden männliche Tiere durch Röntgenstrahlung sterilisiert, wodurch sich die Population der Insekten reduzieren soll.
Siehe auch: Neuer Weg zur Eindämmung der Tigermücke - Aufgrund der hohen Anzahl an Nachfragen zur Sterilen Insektentechnik (SIT) bemüht sich das Grazer Gesundheitsamt, die Fragen zu beantworten und die Vorgangsweise zu erklären. Die Fragen und Antworten werden laufend ergänzt.
Stand: 19. August 2025
Seit dem ersten Auftreten der Tigermücke in Graz im Jahr 2019 hat das Gesundheitsamt Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Tigermücke gesetzt: In erster Linie durch Aufklärung und Motivation der Bevölkerung, empfohlene Maßnahmen im eigenen privaten Bereich umzusetzen, aber auch durch die Bekämpfung von Tigermücken-Larven im öffentlichen Raum.
Anhand der Daten der AGES, ergänzt durch eigene Erhebungen, musste das Gesundheitsamt feststellen, dass sich die Tigermücke trotz dieser Anstrengungen kontinuierlich über das Grazer Stadtgebiet und darüber hinaus ausbreitet.
Die Tigermücke ist tagaktiv und sehr stechfreudig (nur das weibliche Insekt), was zu unzähligen Meldungen und Klagen aus den betroffenen Gebieten geführt hat. Der eigene Garten oder Balkon ist nicht mehr nutzbar und die Lebensqualität wird zunehmend eingeschränkt. Aus Sicht des Gesundheitsamtes war daher klar, dass die Bekämpfung der Tigermücke intensiviert werden muss.
Die Asiatische Tigermücke wurde in Österreich im Jahr 2012 das erste Mal nachgewiesen. Seit 2019 ist das Tier leider in Graz sesshaft geworden.
Wissenschaftlich heißt die Tigermücke Aedes albopictus, erkennbar ist sie an ihrer typischen Streifung und vor allem dadurch, dass sie tagsüber aktiv ist.
Lesen Sie mehr: Wie sieht die Tigermücke aus und ist sie gefährlich?
Die Tigermücke stammt ursprünglich aus Südostasien, eingeschleppt wurde sie vermutlich aus Südeuropa, z.B. einfach im Kofferraum, im LKW mit Gemüse- oder Blumenlieferungen, in Larvenform in den Wasseransammlungen in Reservereifen von LKW. Die Tigermücke hat sich durch das günstige Mikroklima im Grazer Becken in den letzten Jahren bei uns ausgebreitet.
Lesen Sie mehr: Verbreitung der Tigermücke in Graz
Bislang hat es innerhalb von Österreich noch keine nachgewiesene Übertragung einer Krankheit durch Tigermücken gegeben. Eine Übertragung ist aber grundsätzlich möglich und wird durch die zunehmende Ausbreitung wahrscheinlicher - wie es heuer in Italien und Frankreich leider passiert ist.
Die Tigermücke kann Krankheiten übertragen wie zum Beispiel:
- Dengue-Fieber
- West-Nil-Fieber
- Chikungunya
- Zika
Impfungen und damit Schutz gegen diese Erkrankungen gibt es nur zum Teil, daher erscheint es uns umso wichtiger, die Übertragungswahrscheinlichkeit durch die Verringerung der Zahl der Tigermücke zu senken. Auch die WHO fordert umfassende, möglichst umweltschonende Bekämpfungsmaßnahmen. Wenn es gelingt, die Tigermückenpopulation langfristig gering zu halten, sind flächendeckende Impfungen nicht erforderlich.
Bei den möglichen durch Tigermücke übertragenen Erkrankungen handelt es sich um Viruserkrankungen, die auch sehr schwer verlaufen mit hohem Fieber, Gliederschmerzen, Kopfschmerzen, Durchfall und auch Organschäden verursachen können. Alle diese Erkrankungen können nicht ursächlich behandelt werden, sondern nur hinsichtlich der Symptome, also Fiebersenkung, Schmerzbekämpfung, usw.
Andere Länder und Städte in Süd- und Westeuropa (z.B. Paris) bekämpfen die Tigermücke häufig durch das Besprühen ganzer Wohnviertel mit Pestiziden - eine Methode, die für das Grazer Gesundheitsamt derzeit nicht in Frage kommt. Daher haben wir uns entschlossen, die SIT-Methode, die seit den 1950er-Jahren bekannt ist, einzusetzen. Auch in Deutschland werden Tigermücken aktuell mit Hilfe der SIT-Methode dezimiert.
SIT bedeutet: Sterile Insektentechnik, die Methode kommt aus der Landwirtschaft, um keine oder weniger Insektenvernichtungsmittel einzusetzen.
Die Sterile Insektentechnik (SIT) ist hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit vielfach erprobt. Bei Einsatz der SIT-Methode gegen die Tigermücke werden ausschließlich Tigermücken-Männchen ausgesetzt, diese werden mit Röntgen- oder Gammastrahlen sterilisiert, jedoch:
- die Tiere strahlen nicht
- sie sind nicht gen-verändert
- sie stechen nicht
- sie leben nur kurz, d.h. wenige Tage bis Wochen; damit ist die Methode selbstlimitierend
- Pestizide und andere Gifte kommen nicht zum Einsatz
Wenn sich die sterilen Tigermücken-Männchen mit den mittlerweile einheimischen Tigermückenweibchen paaren, entwickeln sich aus den Eiern keine Larven und auch keine weiteren Tigermücken.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) fordert und fördert die Entwicklung alternativer Strategien zu chemischen Insektiziden, wie die SIT-Methode, zur Bekämpfung von Mückenpopulationen, insbesondere hinsichtlich der invasiven Aedes-Arten, die als Überträger von Arboviren bekannt sind. Siehe: Leitfaden für die Erprobung der Sterilinsektentechnik als Mittel zur Vektorkontrolle von durch Aedes übertragenen Krankheiten
Naturschutz fällt unter die Kompetenz des Landes, daher haben wir unseren Plan mit der Abteilung 13, das ist die für Naturschutz zuständige Behörde, abgesprochen. Einwände gab es keine.
Die Zusammenarbeit mit dem Labor für Schädlingsinsekten der IAEA wurde in Abstimmung bzw. auf Empfehlung des Bundesministeriums für Soziales Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz initiiert.
Nein. Die Tigermückenmännchen werden mit Röntgen- oder Gammastrahlen bestrahlt, aber nicht genmanipuliert.
Dadurch, dass die männlichen Mücken steril sind, ist es außerdem unmöglich, dass sie ihr Erbgut weitergeben. Die Methode ist damit selbstlimitierend.
Die SIT-Methode hat eine lange Geschichte erfolgreicher großflächiger Anwendung gegen verschiedene Schadinsekten seit den 1950er Jahren und unterliegt nicht den Vorschriften für genetisch veränderte Organismen (GVO).
Siehe: EU Commission - Food Safety
Nein. Die Tigermückenmännchen werden mit herkömmlichen medizinischen Geräten mittels Röntgenstrahlen, oder alternativ auch mit Gammastrahlen bestrahlt. In beiden Fällen handelt es sich nicht um Teilchenstrahlung, das bedeutet, dass nichts davon an den bestrahlten Mücken haften bleibt oder in die Mücken eindringt und dort verbleibt. Sondern diese Strahlung ist nach Ausschalten der Quelle weg, so wie das Licht beim Ausschalten einer Lampe.
Für die Sterilisation der in Graz eingesetzten Tigermücken wurden Röntgenstrahlen mit einer Energiedosis von 60 Gy(Gray) eingesetzt. Mit dieser Dosis kann eine 100%ige Sterilität erreicht werden. Die ersten ausgewerteten Ei-Proben belegen bereits eindeutige Erfolge, bislang ist noch keine Larve geschlüpft.
Und wieso wurde die Zusammenarbeit mit mit Forschern der Internationalen Atomenergiebehörde durchgeführt?
Die IAEA (Internationale Atomenergiebehörde), bzw. deren Einrichtung „Insect-pest-Laboratory" in Seibersdorf (Niederösterreich) hat die Tigermücken für das Grazer Gesundheitsamt gezüchtet.
Das Labor ist auf angewandte Forschung sowie die Entwicklung und Anpassung von Steriler Insektentechnik spezialisiert. Es unterstützt Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Sterile Insect Technique (SIT). Ausschlaggebend für die Kooperation war auch, dass die IAEA ihren Sitz in Österreich hat, was kurze Transportwege und engmaschige wissenschaftliche Begleitung ermöglicht.
Lesen Sie mehr: Insect Pest Control Laboratory
Die Züchtung wird durch die IAEA durchgeführt, die Tigermücken-Männchen werden der Stadt Graz für dieses Pilotprojekt zur Verfügung gestellt, während die praktische Monitoring-Arbeit in Graz vom Gesundheitsamt durchgeführt und finanziert wird (Fallen, Infomaterial, Arbeitskraft). Die Aufgabe der IAEA in diesem Bereich ist, den betroffenen Regionen oder Staaten das Know-how zu vermitteln, also quasi Starthilfe zu geben. Die IAEA arbeitet nicht gewinnorientiert, die Arbeiten im Labor in Seibersdorf werden von internationalen Praktikanten im Rahmen derer Ausbildung unterstützt. Die IAEA ihrerseits wird durch die Mitgliedsstaaten finanziert.
Die Bewohnerinnen und Bewohner bzw. Nutzer der Bereiche, in welchen unser Pilotprojekt durchgeführt wird, sind von Anfang an eingebunden worden. Die Tigermücke beeinträchtigt die Lebensqualität der Betroffenen so nachhaltig, weshalb diese umweltschonende Methode bereits im Vorfeld auf große Zustimmung getroffen ist. Breitere Information erfolgte seit vielen Wochen immer wieder über die Medien.
Abgesehen von der Reduktion der Tigermücken-Population sind keine Effekte auf die Umwelt oder den Menschen gegeben. Tigermücken fliegen nicht weit, das heißt, sie verbleiben überwiegend im nahen Umfeld des Aussetzungspunktes.
Nein. Tigermückenmännchen stechen nicht, ihre einzige Aufgabe ist die Paarung mit den Weibchen. Tigermückenmännchen leben nur wenige Tage bis Wochen.
Tigermückenweibchen benötigen für die Fortpflanzung, wie auch unsere heimischen Gelsen, Blut. Daher suchen sie die Nähe von Warmblütern und damit vor allem von uns Menschen. Was der Tigermücke im städtischen Umfeld besonders entgegenkommt - sie bevorzugt kleine am besten auch etwas abgedunkelte Wasseransammlungen, z.B. in Blumenuntersetzern, Friedhofsvasen, Gießkannen, Planschbecken, Dachrinnen, usw.
Außerdem zeigt unser Monitoring, bzw. die Ergebnisse der „mosquito alert app" der AGES einen deutlichen Ausbreitungsschwerpunkt im Süden von Graz.
Vorteile:
- Reduktion der Population der Zielorganismen und damit des Risikos einer Virusübertragung
- SIT ermöglicht eine drastische Verringerung des Einsatzes chemischer Insektizide. In Kanada wurde z. B. der Einsatz von Chlorpyrifos gegen die Zwiebelfliege um bis zu 90 % reduziert.
- Keine Schädigung von Nichtzielorganismen: Im Gegensatz zu Breitband-Insektiziden wirkt SIT ausschließlich auf die Zielart. Nützlinge wie Bestäuber oder natürliche Feinde bleiben unbeeinträchtigt.
- Keine Rückstände in Boden oder Wasser: Da keine Chemikalien eingesetzt werden, entstehen keine toxischen Rückstände, die Ökosysteme belasten könnten.
Nachteile:
- In seltenen Fällen kann es zu evolutionären Anpassungen kommen, z. B. durch Weibchen, die mehrfach paaren und so die Wirkung der SIT abschwächen.
- Reinvasion: Studien zeigen, dass ohne begleitende Maßnahmen (z. B. Quarantänezonen) eine Wiederbesiedlung durch die Zielart möglich ist.
Die Methode der Sterilen Insektentechnik ist den 1950er-Jahren bekannt und weltweit vielfach eingesetzt worden.
Ihre Wirksamkeit und Sicherheit wurde durch zahlreiche Studien belegt, zum Beispiel:
- Current status of the sterile insect technique for the suppression of mosquito populations on a global scale
- Sterile Insect Technique (SIT) and Its Applications
- Sterile Insec technique
- Die Sterile-Insekten-Technik: Erfolge und Perspektiven in der Neotropis
- Sterile Insektentechnik: Schädlinge gezielt bekämpfen
- Verbesserung der sterilen Insektentechnik für Tsetsefliegen durch Forschung zu ihren Symbionten und Krankheitserregern (pdf)
- USA & Venezuela: SIT gegen Schraubenwurmmade seit den 1950er Jahren
- Japan (Okinawa): Bekämpfung der Melonenfliege
- Afrika: Einsatz gegen Tsetsefliegen zur Eindämmung von Schlafkrankheit
- Tahiti (2023): Freisetzung steriler Mücken zur Kontrolle von Denguefieber
Nein. Die Tigermückenmännchen werden unter keimfreien Laborbedingungen gezüchtet. Für die Züchtung werden „Laborstämme" aus Italien verwendet, die nicht mit Wildmücken in Kontakt waren. Außerdem stechen Tigermückenmännchen nicht und können schon daher keine Viren weitergeben.
Wir hoffen auf eine sehr deutliche Reduktion der Tigermückenpopulation im Testbereich, die Ergebnisse des Monitorings mittels unserer TM-Fallen (für erwachsene Tigermücken) und der Eiablageproben wird vollständig veröffentlicht werden. Aus diesen Ergebnissen kann ein Plan für einen breiteren Einsatz dieser Methode im nächsten Jahr erarbeitet werden.
Die zuständige Behörde ist die Landesnaturschutzbehörde, das ist die A13 des Landes Steiermark. Von dieser Seite gibt es grünes Licht, ein Genehmigungsverfahren war nicht erforderlich.
Das Bundesministerium BMSGPK befürwortet unsere Zusammenarbeit mit der IAEA.
Die SIT-Methode unterliegt nicht den Vorschriften für genetisch veränderte Organismen (GVO).
Die WHO und die ECDC (Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten) fordern neben Monitoring auch die Bekämpfung der Tigermücke. Die WHO sieht die Notwenigkeit der Anwendung und Weiterentwicklung alternativer umweltschonender Methoden, was u.a. die SIT-Methode umfasst.
Eine Verpflichtung zur dauerhaften Anwendung besteht nicht, ebenso wenig wie vertragliche Bindungen hinsichtlich Ankaufs von Tigermücken oder Monitoringleistungen.