geboren am 24.2.1893, verstorben am 1.7.1975
Ehrenbürgerbeschluss am 13. Dezember 1935, Verleihung am 7. Jänner 1936
Zur Person
Gustinus Ambrosi erblickte am 24. Februar 1893 in Eisenstadt das Licht der Welt. Der Sohn des Kunstmalers und Komponisten Friedrich Ambrosi, ein Freund von Johannes Brahms und Josef Joachims, fiel durch seine frühe musikalische Begabung auf, welche der spanische Violinist Pablo de Sarasate y Navascuéz ausbilden wollte. Seit seinem siebten Lebensjahr infolge einer Meningitis völlig taub, erlernte Ambrosi in der Taubstummenanstalt in Prag (1901-1906) Modellieren und Schnitzen (Sobotka). Er begann eine Lehre bei Bau-, Dekorations- und Gipsbildhauern in Prag, absolvierte ferner eine handwerkliche Ausbildung als Maurer, Schmied, Schlosser, Zimmermann, Gips- und Erzgießer, Goldschmied und Steinmetz und besuchte einen Modellierkurs in der Prager Kunstgewerbeschule (1906-1908, Ludek Wurzel). Ab 1909 (nach anderen Angaben bereits 1908) war Ambrosi in Graz ansässig, wo er seine Lehre(n) fortsetzte und zudem die Meisterschule für Modelleure an der k. k. Staatsgewerbeschule besuchte.
Nach Abschluss seiner Ausbildung und einer ersten erfolgreichen Ausstellung ging Ambrosi 1912 nach Wien, wo er 1912/1913 die Akademie der Bildenden Künste besuchte." (REISMANN/MITTERMÜLLER 2003, S. 17) 1912 wurde er mit dem Staatspreis für Plastik ausgezeichnet und im darauffolgendem Jahr wurde sein künstlerisches Talent mit einem Staatsatelier auf Lebenszeit gewürdigt (vgl. MARTIN 2008, S. 126). „Ambrosis Ruhm wurde durch die 1909 geschaffene Skulptur ‚Der Mann mit dem gebrochenen Genick‘ begründet. Sein Porträtistentalent - Ambrosi fertigte Büsten von zahlreichen bedeutenden Zeitgenossen wie Friedrich Nietzsche, Richard Wagner, Stefan Zweig, Peter Rosegger, Alfons Petzold, Anton Wildgans, Clemenceau, Franz Theodor Csokor, Pius XI., Pius XII. und Gerhart Hauptmann - wurde bereits zur Zeit der Monarchie durch ein Staatsatelier im Prater auf Lebenszeit honoriert. Ambrosi war bis 1938 auch in zahlreichen europäischen Städten, darunter Amsterdam, Brüssel, Paris, Zürich, Köln, Budapest, Florenz und Rom tätig, wo er auch Ateliers unterhielt." (REISMANN/MITTERMÜLLER 2003, S. 17) Ambrosi porträtierte Mussolini, Dollfuß, Horthy und versuchte nach 1938 eine NSDAP-Mitgliedschaft zu erlangen, diese erhielt er allerdings nicht, da ihm opportunistisches Verhalten unter dem Dollfuß-Schuschnigg-Regime vorgeworfen wurde. Seine nachgewiesene Mitgliedschaft bei der Vaterländischen Front hatte er zwar selbst als „Zwangsmitgliedschaft" zu erklären versucht, die NS-Verantwortlichen wollten dem aber nicht Glauben schenken und auch seine Beitragszahlungen zwischen Februar und Mai 1938 stimmten die NS-Verantwortlichen nicht um (vgl. RATHKOLB 2014, S. 265). Als ein Schützling von Speer erhielt Ambrosi in den ersten Jahren des NS-Regimes gut bezahlte Aufträge und zeigte im Weiteren keine Berührungsängste mit den neuen Machthabern (vgl. ebd., S. 266). Ebenso schnell wie Ambrosi den politischen Schwenk vom Dollfuß-Bewunderer zum NSDAP-Schützling geschafft hatte, glückte ihm die Entnazifizierung nach 1945. Schon am 10.6.1945 schickte er an die Österreichische Staatskanzlei ein vorsorgliches Ansuchen um Dispens von der Registrierungspflicht als ehemaliges NSDAP-Mitglied" (ebd., S. 266). Mit seinem Ansinnen erfolgreich, wurde Ambrosi nach 1945 vom Staat Österreich mit neuen Aufträgen für z. B. Büsten von PolitikerInnen versorgt (vgl. ebd.).
Ambrosi war unter anderem Mitglied des Österreichischen Künstlerbundes, des Wiener Künstlerhauses, der Genossenschaft bildender Künstler der Steiermark in Graz (ab 1909, Ehrenmitglied ab 1935) und Ritter der Französischen Ehrenlegion. Dem Künstler wurden zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen zuteil: 1912 erhielt er den Staatspreis für Plastik, 1949 den Preis der Stadt Wien für Bildhauerei, 1958 das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse, 1963 die Ehrenmedaille der Stadt Wien in Gold; 1935 wurde er zum Ehrenbürger der Stadt Graz ernannt, 1936 Ehrenbürger von Eisenstadt. Das Schaffen Ambrosis umfasst insgesamt über 2500 Werke in Ton, Gips, Bronze, Marmor, Granit, Blei, Silber, Holz, Aluminium, Eisen und Stahl, darunter mehr als 600 Porträtbüsten und Monumentalplastiken, die sich größtenteils an Auguste Rodin, Michelangelo und dem italienischen Barock orientieren. Seine Arbeiten blieben von allen modernistischen Strömungen unbeeinflusst. Als Dichter verfasste Ambrosi tief empfundene Lyrik wie ‚Die Sonette an Gott‘ (1923) und ‚Das Buch der Einschau‘ (1960)." (REISMANN/MITTERMÜLLER 2003, S. 17) Seine bildhauerischen Werke wurden hingegen viel stärker rezipiert als die lyrischen (vgl. MARTIN 2008, S. 126). Am 1. Juli 1975 beging Ambrosi Selbstmord (vgl. REISMANN/MITTERMÜLLER 2003, S. 17).
Literatur:
MARTIN Dieter, Ambrosi Gustinus. In: KÜHLMANN Wilhelm (Hg.), Killy Literaturlexikon.
Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. 2. erw. Auflage. Bd. 1 A-Blu. Berlin-New York 2008, S. 126.
RATHKOLB Oliver, Gustinus Ambrosi. In: AUTENGRUBER Peter/NEMEC
Birgit/RATHKOLB Oliver/WENNINGER Florian (Hg.), Umstrittene Wiener Straßennamen.
Ein kritisches Lesebuch. Wien-Graz-Klagenfurt 2014, S. 265-267.
REISMANN Bernhard A./MITTERMÜLLER Franz, Stadtlexikon (= Geschichte der Stadt Graz 4). Graz 2003.
(textierter Endbericht der ExpertInnenkommission für Strassennamen vom 24.11.2017)