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Baumschutzverordnung

GZ.: A17-NSV-148809/2023/0008


Verordnung
 des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 01.12.2023, mit der die Grazer Baumschutzverordnung erlassen wird.

Auf Grund § 61 Abs. 2 des Statuts der Landeshauptstadt Graz 1967, LGBl. Nr. 130/1967, iVm § 1 Abs. 2, 4 und Punkt 1. Anlage A der Geschäftsordnung für den Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz idF vom 01.07.2022, und § 2 des Steiermärkischen Baumschutzgesetzes 1989, LGBl. Nr. 18/1990, idF LGBl. Nr. 64/2021 wird verordnet:


§ 1 Schutzumfang


(1) Zur Aufrechterhaltung und Verbesserung der heimischen Artenvielfalt, des örtlichen Kleinklimas sowie einer gesunden Wohnumwelt für die Bevölkerung bzw. zur Sicherung des typischen Orts- und Landschaftsbildes ist der Baumbestand im Gebiet der Stadt Graz auf den innerhalb der Baumschutzzone liegenden Flächen, mit Ausnahme der im § 1 Abs. 2 des Steiermärkischen Baumschutzgesetzes 1989 angeführten Bäume, nach den folgenden Bestimmungen geschützt, ohne Rücksicht darauf, ob er sich auf öffentlichen oder privaten Grundflächen befindet.

(2) Zum geschützten Baumbestand gehören einschließlich des pflanzlichen Lebensraumes (Wurzel- und Kronenbereich):

  1. alle Laub- und Nadelhölzer sowie Bäume iSd § 1 Abs. 3 des Steiermärkischen Baumschutzgesetzes 1989 mit einem Stammumfang von mindestens 50 Zentimeter;

  2. die nachstehenden klein- und langsamwüchsigen Laubhölzer mit baumförmigem Wuchs und einem Stammumfang von mindestens 25 Zentimeter:

    a) aus der Gattung Crataegus der Apfeldorn (Crataegus x lavallei), der Hahnendorn (Crataegus crus-galli), der Eingriffelige Weißdorn (Crataegus monogyna) und der Zweigriffelige Weißdorn (Crataegus laevigata),

    b) die Mehlbeere (Sorbus aria),

    c) die Eberesche (Sorbus aucuparia),

    d) die Magnolie (Magnolia sp.);

  3. alle Ersatzpflanzungen gemäß § 5.

(3) Der Stammumfang wird jeweils in 1 Meter Stammhöhe über der Geländeoberkante gemessen. Bei Bäumen deren erste Hauptverzweigung unterhalb 1 Meter Stammhöhe über der Geländeoberkante liegt, gemessen an der ersten Hauptverzweigung.


§ 2 Anzeige


(1) Wer beabsichtigt, einen gemäß § 1 unter Schutz gestellten Baum zu entfernen oder den pflanzlichen Lebensraum von unter Schutz gestellten Bäumen (Wurzel- und Kronenbereich) zum Nachteil des Bestandes zu verwenden, hat dies der Behörde vor Durchführung der geplanten Maßnahmen schriftlich anzuzeigen.

(2) Der Anzeige gemäß Abs. 1 sind zumindest anzuschließen:

  1. ein eingenordeter Lageplan, auf dem die Standorte der angezeigten Bäume eindeutig numerisch zuordenbar gekennzeichnet sind, im Falle einer beabsichtigten Entfernung iSd § 4 Abs. 1 Z 6 eine Überlagerung dieses Lageplans mit den geplanten baulichen Anlagen bzw. Leitungsführungen;
  2. eine genaue Beschreibung der anzuzeigenden Maßnahmen und der von diesen betroffenen Bäumen sowie Angaben zum Zweck der Maßnahmen (Grund der Entfernung bzw. der nachteiligen Verwendung des pflanzlichen Lebensraumes);
  3. die Zustimmungserklärung der Grundeigentümer:innen (der Mehrheit der Miteigentümer:innen), wenn der/die Anzeigenwerber:in nicht selbst Eigentümer:in oder nur Miteigentümer:in ist;
  4. eine planliche Darstellung über eine mögliche Ersatzpflanzung.

(3) Angezeigte Maßnahmen gelten als genehmigt, wenn nicht binnen acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und mängelfreien Anzeige eine schriftliche Entscheidung ergeht (Genehmigungsfiktion). Können die Entscheidung oder der allfällige Verbesserungsauftrag wegen unbekannter Adresse des Anzeigewerbers nicht erlassen werden, so gilt die angezeigte Maßnahme auch bei Fristablauf als nicht genehmigt; hierüber hat die Behörde am Ort der geplanten Maßnahmen eine Verständigung zu hinterlassen.


§ 3 Erledigung


Die Behörde hat unter Beiziehung eines/einer Amtssachverständigen zu prüfen, ob die in der vollständigen und mängelfreien Anzeige genannten Maßnahmen nach den Bestimmungen des Steiermärkischen Baumschutzgesetzes 1989 und dieser Verordnung zulässig sind. Ergibt sich deren Unzulässigkeit auf Grund der Prüfung der Pläne und Unterlagen oder aber auf Grund der gutachterlichen Äußerung des/der beigezogenen Amtssachverständigen, so sind die geplanten Maßnahmen von der Behörde mit schriftlicher Entscheidung zu untersagen.


§ 4 Ausnahmen von der Erhaltungspflicht


(1) Gemäß § 2 Abs. 1 Steiermärkisches Baumschutzgesetz 1989 dürfen unter Schutz gestellte Bäume nur mit Genehmigung der Behörde und nur dann entfernt werden, wenn

  1. der Gesamtzustand der betroffenen Bäume ihren sicheren Weiterbestand nicht mehr gewährleistet;
  2. das Interesse an der Erhaltung und Förderung des Baumbestandes die Entfernung eines Teiles des Bestandes erfordert;
  3. die Bäume durch ihren Wuchs oder Zustand den Bestand von bewilligten Anlagen oder deren widmungsgemäße Verwendung, fremdes Eigentum oder die körperliche Sicherheit von Personen gefährden und die Möglichkeit eines Baumschnittes gem. § 3 Abs. 4 des Steiermärkischen Baumschutzgesetzes 1989 ausgeschlossen ist.
  4. sie durch ihren Wuchs oder Zustand eine unzumutbare Beeinträchtigung der Wohnhygiene oder eine unzumutbare Beschattung eines Wohnraumes verursachen; ausgenommen davon sind Bäume, die Bestandteil von öffentlichen Alleen, öffentlichen Parkanlagen oder öffentlichen Baumreihen udgl. sind;
  5. das öffentliche Interesse an der Verwirklichung eines Vorhabens gegenüber dem Interesse an der Erhaltung des Baumbestandes bedeutend überwiegt oder
  6. sie sich in der zukünftigen baulichen Anlage oder im unmittelbaren Nahbereich der baulichen Anlage befinden, eine rechtskräftige baurechtliche Bewilligung oder eine Meldung nach den Bestimmungen des Steiermärkischen Baugesetzes vorliegt und die Bäume sich im Zuge der Errichtung der baulichen Anlage nicht erhalten lassen.

(2) Die Verwendung des pflanzlichen Lebensraumes von unter Schutz gestellten Bäumen (Wurzel und Kronenbereich) zum Nachteil des Bestandes darf nur dann - unter Festlegung entsprechender Bedingungen und Auflagen, welche dem Erhalt der Bäume dienlich sind - genehmigt werden, wenn

  1. die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 5 oder 6 vorliegen oder
  2. die Anzeigenwerber:innen eine ihnen auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften unmittelbar obliegende Verpflichtung oder behördliche Anordnung anders nicht erfüllen könnten.

Ist jedoch der Weiterbestand der betroffenen Bäume durch Bedingungen oder Auflagen nicht sicherbar, so hat die Behörde die Verwendung des pflanzlichen Lebensraumes zu untersagen.


§ 5 Ersatzpflanzung


(1) Eine Ersatzpflanzung ist vorzuschreiben, wenn

  1. die Entfernung von unter Schutz gestellten Bäumen - ausgenommen im Fall des § 4 Abs. 1 Z 2 - genehmigt wird oder
  2. die Entfernung von unter Schutz gestellten Bäumen ohne Anzeige oder vor Entscheidung durch die Behörde durchgeführt wurde und die Grundeigentümer:innen (die Miteigentümer:innen) die Maßnahme geduldet haben oder zumindest von ihr wissen mussten.

(2) Standort, Ausmaß und Zeitpunkt der Ersatzpflanzung sind in jener schriftlichen Entscheidung vorzuschreiben, mit der die Entfernung von geschützten Bäumen nach Abs. 1 Z 1 genehmigt wird, im Falle des Abs. 1 Z 2 in einer gesonderten Entscheidung.

(3) Das Ausmaß der Ersatzpflanzung bestimmt sich wie folgt:

a)  In den Fällen des § 4 Abs. 1 Z 5 und 6 sind pro angefangenen 50 cm Stammumfang der zu entfernenden Bäume, gemessen in 1 Meter Stammhöhe, ein Ersatzbaum zu pflanzen und zu erhalten. Dies gilt auch für bereits entfernte Bäume gem. § 5 Abs. 1 Z 2.

b)  In den Fällen des § 4 Abs. 1 Z 1, 3 und 4 sind Ersatzbäume im Verhältnis 1:1 zu pflanzen und zu erhalten.

c)  Im Falle von § 4 Abs. 1 Z 2 ist von der Vorschreibung einer Ersatzpflanzung Abstand zu nehmen.

In den Fällen von lit a) und b) haben die Ersatzbäume einen Mindeststammumfang von 16/18 cm, gemessen in 1 Meter Stammhöhe, bei der Entfernung von langsam wachsenden Bäumen gem. § 1 Abs. 2 Z 2 einen Mindeststammumfang von 14/16 cm, gemessen in 1 Meter Stammhöhe, aufzuweisen.

 (4) Im Falle von Baumentnahmen gem. § 5 Abs. 1 Z 2 ist zur Festlegung der Anzahl der Ersatzpflanzungen der Stammumfang an der Schnittfläche der entfernten Bäume entscheidend. Sollte der Wurzelstock entfernt worden sein, ist der Umfang anhand von Bildern, Luftbildern oder sonstiger aussagekräftiger Quellen zu schätzen.

(5) Bei der Vorschreibung der Ersatzpflanzung kann die Behörde, wenn es zur Sicherung der Ziele nach § 1 Abs. 1 des Steiermärkischen Baumschutzgesetzes 1989 erforderlich ist, auch die Art der Ersatzpflanzung festlegen. Lässt sich der Standort der Ersatzpflanzung in der Entscheidung nicht beschreiben, so ist er in Plänen oder Skizzen zu bezeichnen, welche einen Bestandteil der Entscheidung bilden. Die Verwendung von Obstbäumen, ausgenommen solcher nach § 1 Abs. 3 des Steiermärkischen Baumschutzgesetzes 1989, als Ersatzpflanzungsgut, ist nicht zulässig.

(6) Von der Vorschreibung einer Ersatzpflanzung kann Abstand genommen werden, wenn der/die Grundeigentümer:in bzw. die Miteigentümer:innen eine bereits vorgenommene Pflanzung oder das Aufkommen eines natürlichen Baumbestandes mit Stammumfängen, gemessen in 1 Meter Stammhöhe, zwischen 16 cm und 50 cm nachweist (nachweisen), und es sich bei diesen Bäumen nicht um Obstbäume mit Ausnahme von Schalenobst (Nussbäume und Edelkastanien), Maulbeerbäume und Speierlinge handelt.

(7) Wird die Anzahl der nach Abs. 6 anzuerkennenden Pflanzungen oder das natürliche Aufkommen nicht erreicht, ist die Differenz mit Ersatzpflanzungen vorzuschreiben.

(8) Kann die Verpflichtung zur Ersatzpflanzung nach den vorstehenden Bestimmungen nachweislich nicht oder nicht zur Gänze erfüllt werden, so ist in der schriftlichen Entscheidung gemäß Abs. 2 festzustellen, in welchem Ausmaß der Ersatzpflanzungsverpflichtung nicht entsprochen werden kann. In diesem Fall ist eine Ausgleichszahlung nach § 6 zu leisten.

(9) Eine Ersatzpflanzung gilt dann als erfüllt, wenn nach Ablauf von drei Jahren ab deren Vornahme am Ersatzpflanzungsgut keine Anzeichen von den Weiterbestand gefährdenden Schädigungen auftreten. Ist dies nicht der Fall, ist eine nochmalige Ersatzpflanzung vorzuschreiben.

 (10) Die Erfüllung der Ersatzpflanzung im vorgeschriebenen Ausmaß und Zeitpunkt bzw. an dem vorgeschriebenen Standort ist der Behörde vom Verpflichteten nach deren Vornahme binnen 14 Tage schriftlich anzuzeigen. Die Behörde hat über die vorgeschriebenen und angezeigten Ersatzpflanzungen eine Evidenz zu führen und sich vom Bestand des Ersatzpflanzungsgutes zu überzeugen.


§ 6 Ausgleichszahlung, Erlöschen der Bewilligung


(1) Wird in der schriftlichen Entscheidung gemäß § 5 Abs. 2 festgestellt, dass die Verpflichtung zur Ersatzpflanzung nicht voll erfüllt werden kann, so haben die Grundeigentümer:innen bzw. die Miteigentümer:innen jener Grundstücke, auf denen die Ersatzpflanzung vorzunehmen wäre, eine Ausgleichszahlung zu entrichten.

(2) Die Ausgleichszahlung ergibt sich aus dem Produkt des Einheitssatzes und der Zahl jener Bäume, um die nach der bescheidmäßigen Feststellung die Zahl der Ersatzpflanzungsbäume hinter der erforderlichen Zahl zurückbleibt. Der Einheitssatz beträgt im Falle der Entfernung von geschützten Bäumen

  1. € 500,00 für Ersatzpflanzungsbäume, die mit einem Stammumfang von 14/16 cm, gemessen in 1 Meter Stammhöhe, zu pflanzen wären, oder
  2. € 1.500,00 für Ersatzpflanzungsbäume, die mit einem Stammumfang von 16/18 cm, gemessen in 1 Meter Stammhöhe, zu pflanzen wären.

(3) Die Ausgleichszahlung ist in der schriftlichen Entscheidung gemäß § 5 Abs. 2 vorzuschreiben und innerhalb eines Monates nach Rechtskraft der Vorschreibung zu entrichten.

(4) Macht der/die Verpflichtete glaubhaft, dass durch die Vorschreibung einer Ausgleichszahlung sein eigener notdürftiger Unterhalt sowie der jener Personen, für die er/sie nach dem Gesetz zu sorgen hat, gefährdet würde oder dass die Ausgleichszahlung ein Viertel des Einheitswertes jener Grundstücke übersteigt, auf der die entfernten Bäume stockten, so ist in diesen wirtschaftlichen Härtefällen die Ausgleichszahlung so weit zu vermindern, dass keine Unterhaltsgefährdung eintritt bzw. die vorgenannte Wertgrenze nicht überschritten wird.

(5) Werden Ersatzpflanzungen bzw. Ausgleichszahlungen vorgeschrieben und kommen nachträglich Gründe hervor, die zu einer Änderung des der Vorschreibung zu Grunde liegenden Sachverhaltes führen, so ist die Vorschreibung gemäß den §§ 5 und 6 in einem gesonderten Bescheid festzulegen.

(6) Der Einheitssatz nach Abs. 2 ist wertgesichert. Bezogen auf den Monat des Inkrafttretens dieser Verordnung wird eine jährliche Anpassung des Einheitssatzes erstmalig ab 2025 auf Basis des von der Statistik Austria veröffentlichten Verbraucherpreisindex 2020 (VPI 2020) oder ein an seine Stelle tretender Index vorgenommen. Schwankungen von 3 % nach oben oder unten bleiben unberücksichtigt. Darüberhinausgehende Schwankungen kommen jedoch voll zur Anrechnung. Eine Werterhöhung auslösende Indexzahl ist jeweils Ausmaß für eine Neubestimmung des Einheitssatzes, wobei Teilbeträge von weniger als 0,5 Cent auf den vorigen vollen Centbetrag abzurunden und Teilbeträge ab 0,5 Cent auf den nächsten vollen Centbetrag aufzurunden sind. Die Höhe des angepassten Einheitssatzes ist vor ihrem Wirksamkeitsbeginn im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz zu verlautbaren.


§ 7 Strafbestimmungen


Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieser Verordnung oder der aufgrund dieser Verordnung erlassenen Bescheide werden als Verwaltungsübertretungen nach § 6 des Steiermärkischen Baumschutzgesetzes 1989 bestraft.


§ 8 Geographischer Geltungsbereich (Abgrenzung der Baumschutzzone)


(1) Der geographische Geltungsbereich der Baumschutzverordnung ist durch den Plan, der einen Bestandteil der Verordnung darstellt, definiert.

(2) Das Planbild zur Grazer Baumschutzverordnung ist auf dem Geodatenserver der Stadt Graz sowie auf der Internetseite der Stadt Graz abrufbar.


§ 9 Übergangsbestimmung


Im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung bereits anhängige Verfahren sind nach den Bestimmungen der Baumschutzverordnung in der Fassung vom 9. November 2007 zu beurteilen.


§ 10 Schlussbestimmungen


(1) Diese Verordnung tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung im Amtsblatt der Stadt Graz in Kraft.

(2) Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung tritt die Verordnung des Stadtsenats vom 13. August 2002 in der Fassung vom 9. November 2007 über den Schutz des Baumbestandes in der Landeshauptstadt Graz außer Kraft.

Ein Erläuterungsbericht sowie das Planbild zur Grazer Baumschutzverordnung sind auf der Website der Stadt Graz ersichtlich

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