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Lebensbilder

Lebensbilder
© Foto Fischer

GRAZ SIND WIR ALLE

Unter diesem Titel möchte die Stadt Graz Menschen, die in Graz leben und arbeiten, porträtieren und die Vielfalt von Graz sichtbar machen.

Jeder Mensch hat eine Geschichte zu erzählen. Der Autor Joachim Hainzl und die Fotografin Maryam Mohammadi haben sich im Auftrag der Stadt Graz auf den Weg gemacht, um Menschen in Graz zu begegnen und ihre Geschichten einzufangen. In Form von Erzählungen und Bildern geben sie Einblicke in Lebensgeschichten von Menschen, die mit Graz auf unterschiedliche Weise verbunden sind.

Begonnen haben die beiden im äußeren 17. Grazer Bezirk Puntigam und wollen nacheinander von Bezirk zu Bezirk mit unterschiedlichen Menschen ins Gespräch kommen. Sieben Porträts sind bisher entstanden und weitere sind in Arbeit.

Die hier präsentierten Lebensbilder bieten einen ganz persönlichen Einblick in das Leben von Menschen, die Teil der Grazer Bevölkerung bilden und auf diese Weise Graz in all seiner Vielfalt und Individualität sichtbar und spürbar machen.


Sie möchten mitmachen? Dann melden Sie sich bei:

XENOS - Verein zur Förderung der soziokulturellen Vielfalt

Joachim Hainzl und Maryam Mohammadi

Morellenfeldgasse 15, 8010 Graz

Tel.: +43 699 10390453 | office@verein-xenos.net

verein-xenos.net

 

Nachfolgend finden Sie die einzelnen Lebensbilder aus Graz

Daniela Grabovac
© Maryam Mohammadi
Daniela Grabovac 1
© Maryam Mohammadi
Daniela Grabovac 2
© Maryam Mohammadi

Im Jahr 2012 wurde Daniela Grabovac, die seit Jahren mit ihrer Familie in Puntigam lebt, Leiterin der damals neu gegründeten Antidiskriminierungsstelle Steiermark. In ihrem Büro zeigt sie uns all jene Diplomarbeiten von einstigen Studierenden, die zu verschiedenen Aspekten von Diskriminierung entstanden sind und die sie deshalb im Laufe der Jahre mitbetreut hat. Voller Stolz zählt sie auf, wie viele dieser einstigen Studierenden inzwischen selbst im Antidiskriminierungsbereich tätig sind.    

Die Rückkehr war bereits geplant

Ihre Eltern, die aus verschiedenen Teilrepubliken des damaligen Jugoslawiens nach Kärnten kamen, lernten sich in der Schuhfabrik Gabor kennen, wo sie beide beschäftigt waren. „Sie haben sich verliebt und ich bin in Kärnten zur Welt gekommen und aufgewachsen." Trotzdem war für sie und ihre Eltern, die in Maribor bereits ein Haus gebaut hatten, immer klar: „Wir sind nur für eine begrenzte Zeit da und kehren zurück." Letztlich war Daniela dafür verantwortlich, dass ihre Familie in Österreich blieb: „Mit sechs Jahren musste ich in Jugoslawien einen Aufnahmetest machen, da man dort in der Regel erst ab sieben in die Schule durfte. Alles hatte gepasst, aber ich wurde trotzdem abgelehnt, weil ich zu klein war." So wurde sie in Kärnten eingeschult und ein Schulwechsel kam nach einem Jahr Unterricht auf Deutsch nicht mehr zustande.

Berufswunsch einer 10-Jährigen: Richterin

In ihrer Volksschule fühlte sie sich jedoch nicht angenommen. „Man gehörte nicht dazu, weil man ein ‚Jugo‘ ist." Zum 10. Oktober, an dem der Volksabstimmung über den Verbleib Kärntens bei Österreich im Jahr 1920 gedacht wird, „wurde mit mir schon in der Volksschule diskutiert", so nach dem Motto: „Wolltet ihr Slowenen unser Land verraten?!" Mit ihrem Familiennamen Grabovac erfuhr sie immer wieder Benachteiligungen, wie etwa bei der Wohnungssuche: „,Ach so, seid ihr Ausländer?!‘ Hat man ‚Ja‘ gesagt, bekam man die Wohnung nicht."

Sie, die bereits in der 4. Klasse Volksschule Richterin werden wollte, half als Jugendliche vielen Migrant:innen, die sie bei Behördengängen begleitete. „Dann kam der Bosnien-Krieg und ich wollte unbedingt als Juristin im Menschenrechtsbereich arbeiten." 


„Bis 2007 Ausländerin" 

„Ich erzähle das gerne in Workshops, weil vielen Eltern nicht klar ist, was ihre Kinder denken. Jedenfalls hat es mich sehr geärgert, dass meine Eltern nicht Franzosen oder Engländer sind, dann hätte ich in der Schule einen Vorteil gehabt. Ich habe keine Markenkleidung getragen, so kam noch eine soziale Diskriminierung dazu." Auf der Straße war es ihr peinlich, dass ihre Eltern in ihrer Muttersprache redeten: „Ich bin immer drei Meter vor ihnen gegangen, damit man nicht glaubt, dass das meine Eltern sind."

Obwohl in Kärnten geboren und aufgewachsen, hatte sie bis 2007 keine österreichische Staatsbürgerschaft und benötigte daher eine Ausländer:innenbeschäftigungsbewilligung und ein Visum. „Mein Vater sagte einen Satz, der mir im Gedächtnis blieb: ‚Auch wenn ich die österreichische Staatsbürgerschaft habe, ich werde für sie immer ein Ausländer bleiben.‘ Und meine Mutter hat als Slowenin ihren Nationalstolz. So musste ich die Staatsbürgerschaft als Volljährige selbst beantragen. Dafür brauchte ich aber ein bestimmtes Einkommen, das als Studentin nicht gegeben war. Erst als ich genug verdient habe, konnte ich die Staatsbürgerschaft beantragen."


Wie viele Generationen lang hat jemand einen „Migrationshintergrund"?

Wie sinnvoll sieht sie den Begriff des „Migrationshintergrunds"? „Es macht Sinn, wenn es darum geht, wie Menschen durch Migrationsbiografien ihrer Eltern geprägt sind. Aber so wie der Begriff in den letzten 20 Jahren nur defizitär behandelt wird, sehe ich das als sehr bedenklich. Wie weit geht der Begriff, wenn zum Beispiel meine Töchter als eigentlich dritte Generation noch diese Diskussion in der Schule haben. Es fühlen sich Menschen umso weniger beheimatet und willkommen, umso mehr sie über Migration definiert werden. Wenn ich zum Beispiel in der Zeitung lese, wie viele Kinder nicht Deutsch als Muttersprache haben und das gleichgesetzt wird mit fehlenden Deutschkenntnissen", dann verunmöglichen es diese Gruppenkonstruktionen, Menschen individuell zu betrachten und zu behandeln.

Grabovac spricht aus eigener Erfahrung, so wurde ihrer Tochter, obwohl Deutsch eine ihre Muttersprachen ist, wegen ihrer schüchternen Art von einer Logopädin ein Zettel hinterlassen: „Ihr Kind spricht kein Deutsch, bitte dringender Handlungsbedarf!" Dass die Logopädin zu wenig Erfahrung im Umgang mit Mehrsprachigkeit aufwies und diese nicht als Potential und Nutzen, sondern als Defizit gesehen wird, ärgerte Daniela Grabovac sehr. Denn eine solche Einstellung und Bewertung hat ebenfalls Effekte auf die Aufnahme in die Volksschule und weitere Bildungskarriere.


25 Jahre Antidiskriminierungsarbeit

Beginnend mit ihrem Praktikum bei der Anti-Rassismus Hotline von „Helping Hands" im Jahr 1998 und der Gründung von „Helping Hands Graz" als studentische Vereinigung im Jahr 2001 hat sich die studierte Juristin seit nunmehr einem Vierteljahrhundert der Bekämpfung von Diskriminierung verschrieben. Zu ihren größten Errungenschaften zählt sie „die Lokaltests im Jahr 2003, wodurch man sich dem Thema Rassismus bei Lokalen und Diskotheken endlich angenommen hat. Für mich persönlich wichtig war auch die Verleihung des ersten Menschenrechtspreises der Stadt Graz im Jahr 2007." Seit den Anfangszeiten ihrer Arbeit sei das Bewusstsein, was Diskriminierung eigentlich bedeute, stark gestiegen. „Ich kann mich erinnern, vor 25 Jahren wurdest du noch verständnislos angesehen, wenn du über deine Diskriminierungserfahrungen gesprochen hast. Als ‚Gastarbeiterkind‘ habe ich von meinen Eltern immer gehört: ‚Wir sind hier zu Gast, wir beschweren uns nicht!‘ Dagegen sage ich: ,Ich möchte als Mensch behandelt werden!‘"  


Mein Lieblingsplatz in Puntigam

„Nachdem wir unsere erste Tochter bekamen, wurde unsere Studentenwohnung in Eggenberg zu klein. Damals baute man in Puntigam geförderte Reihenhäuser mit Kinderspielplätzen, die für Jungfamilien ideal und leistbar waren, auch wenn schon fast am Ende der Stadt gelegen. Wir haben das Glück, dass in unserer Jungfamiliensiedlung fast nur bunt zusammengemischte Familien sind mit vielen binationalen Ehepaaren." Die ältere Tochter besuchte den Kindergarten in Puntigam und „der Kindergarten Nippelgasse war der beste für meine Tochter, sehr multikulti und benachbart mit einem riesigen Spielplatz! Da können die Kinder noch richtig herumtoben. Dieser Spielplatz ist mein Lieblingsort in Puntigam, da er sehr weitläufig und grün ist."

Hugo Höbel
© Maryam Mohammadi
Hugo Höbel 1
© Maryam Mohammadi
Hugo Höbel 2
© Maryam Mohammadi

An der Türklingel beim Hauseingang von Hugo Höbel und seiner Ehefrau in der Gradnerstraße findet sich bis heute das alte Puch-Logo mit dem Hinweis: „KFZ Werkstätte Graz-Straßgang". Sie erinnern daran, dass die Geschichte seiner Familie über viele Jahrzehnte eng mit jener des Puch-Unternehmens verbunden war.


Ein erfolgreicher Motorradrennfahrer

Mit großem Stolz erzählt Höbel über seinen Großvater Hugo Höbel (1900-1964), der bereits vor 100 Jahren seine ersten Rennsiege auf einem Puch-Motorrad feierte. „Im Haus hier hängt noch die Urkunde, da er als erster Österreicher beim ‚Großen Preis von Europa‘ in Monza im Jahr 1924 den zweiten Platz belegt hatte." Da er im gleichen Jahr 175-cm³-Vizeeuropameister wurde, rückte das die Grazer Motorradmarke international in den Mittelpunkt. In seiner Rennkarriere, die er 1930 aufgab, gewann Höbel viele Rennen und hatte in ganz Europa für das Puch-Unternehmen positive Werbung gemacht. Alle drei Söhne seines Großvaters, darunter Hugos Vater, „haben bei Puch gelernt und ich auch". Nach dem Zweiten Weltkrieg bekam sein Großvater die Vertretung für die Puch-Werkstätte im Bezirk, zu der auch ein großer Verkaufsraum gehörte.  


Transport- und Taxiunternehmer

Während die Puch-Werkstätte nach dem Tod des Großvaters vom jüngsten Sohn übernommen wurde, der am Grundstück eine neue gut gehende Werkstätte aufbaute, baute sein ältester Sohn, Hugos Vater, ein Transportunternehmen auf, an das die noch bestehende Halle in der Gradnerstraße 177b erinnert (sie gehört seit Jahren zum SOS-Kinderdorf, das an diesem Standort Wohngruppen für Mädchen betreibt).

Hugo Höbel, der im November 2023 seinen 76. Geburtstag feierte, besitzt viele erlebnisreiche Erinnerungen an die Zeit, als er über Jahrzehnte als LKW-Fahrer im elterlichen Unternehmen tätig war. So blieb er einmal auf der Ries mit seinem LKW samt Anhänger hängen und verdankte es nur einem anderen LKW-Fahrer, der vorbeikam und Keile einlegte, dass es nicht mit seinem Gefährt unkontrolliert bergab ging. „Da hätte es wohl Tote gegeben! Dann musste ich noch bis zur nächsten Telefonzelle in der Billrothgasse laufen, um den Abschleppdienst zu holen."

Mit der Übernahme des elterlichen Unternehmens verlegte er sich ab 1981 auf Mietautos und den Betrieb von Taxis, „mit denen Studenten in der Stadt fuhren. Aber die haben bei den beiden Wägen Totalschäden verursacht und dann haben wir das aufgegeben." Sein Resümee: „Obwohl ich so viel gearbeitet habe, habe ich bis jetzt nur vom Draufzahlen gelebt und als Unternehmer meine Kinder nicht aufwachsen gesehen." Höbel ist Vater von acht Kindern. Seine erste Frau verstarb 1983 nach kurzer schwerer Krankheit mit 36 Jahren. Bald darauf heiratete er, ein Witwer mit vier kleinen Kindern, seine zweite Frau.


Eine bäuerlich geprägte Straße

Für unser Gespräch nimmt Höbel uns mit auf eine Zeitreise durch die Geschichte des Bezirks Straßgang. Er hat einige seiner alten Fotografien hervorgekramt, die spannende Einblicke in die großen Veränderungen der letzten Jahrzehnte eröffnen.

Zur Schule hätte Höbel ursprünglich in die viel weiter entfernte Barackenschule in der Hafnerstraße gehen sollen (wo heute ein Spielplatz ist), bevor es dann die nahe alte Volksschule in Straßgang wurde. Es war die Zeit der britischen Besatzungstruppen in Graz „und ich kann mich erinnern, wie ich als Kind in Straßgang die Soldaten marschieren sah, vorne der Sir mit dem Staberl". Zu dieser Zeit gab es noch keinen Kanalanschluss, so wurden die in Fässern gesammelten Fäkalien im eigenen Garten als Dünger verwendet. „Unter dem Dachstuhl gab es einen Fleischhimmel, wo das Geselchte hing und ich manchmal heimlich mit dem Messer hinaufging, um mir ein Stück abzuschneiden", erzählt er lachend. „Dort befanden sich auch die Mehltruhen, wobei man immer wieder die Mehlwürmer aussieben musste."

Ob er dem einstigen, bäuerlich geprägten Straßgang nachweint? „Die Zeiten sind so, was willst du machen? Wie sagt das Sprichwort? Wenn du nicht mit der Zeit gehst, musst du mit der Zeit gehen."

Der alte Bauernhof seiner Familie, der hier einst stand, „war damals eine große Wirtschaft mit rund 45 Hektar", doch 1908 ging dieses strohgedeckte Gebäude aus ungeklärten Gründen in Flammen auf. Danach wurde ein neues Gebäude gebaut, in welchem Herr Höbel mit seiner Frau heute lebt.

Auf einer Fotografie aus den 1960er-Jahren weist er uns auf die einstigen zahlreichen Bauernhöfe in der näheren Umgebung der Gradnerstraße hin, wo jeder dieser Höfe einen Kreuzstadl hatte, „was den Vorteil besaß, dass man mit dem Wagen in den Hof hineinfahren und nach allen vier Seiten abladen konnte. Statt Traktoren benutzten viele zu dieser Zeit Fuhrwerke. Als die Straße hier asphaltiert wurde, durften wir damit nicht hinausfahren, damit keine Kuhfladen auf die Straße kommen." Apropos Fuhrwerk: Auf einem Teil des Areals gegenüber dem Haus der Familie Höbel befand sich einst eine Schottergrube, die in den 1950er-Jahren mit Müll aufgefüllt wurde. Einmal sei ein Mann mit seinem Pferdefuhrwerk beim Abladen zu nahe an den Deponie-Rand gekommen, sodass sein Fuhrwerk samt Pferd in die metertriefe Grube fiel.

Der letzte Bauer in der Umgebung habe erst vor rund fünf Jahren mit der Tierhaltung aufgehört. Einige der Äcker blieben erhalten, während viele verbaut wurden. „Hinter einem Bauernhof wurde eine Siedlung für 150 Wohnungen erbaut." Zum Grund der Familie Höbel gehörten einst ebenfalls größere unverbaute Flächen. „Wir hatten unseren Acker, wo wir Mais, Rüben oder Getreide angebaut hatten und einen großen Obstgarten. Dahinter war alles unverbaut, bis mein Vater den Grund verkaufte, um selbständig zu werden, und dort die heutigen Hochhäuser erbaut wurden."


Am Katzlbach

Ihrem Grundstück entlang floss der Katzlbach, der später unter die Erde verlegt wurde und das Bad Straßgang, das einst ein Ziegelteich war, mit Wasser versorgte. „Dahinter am Katzlbach standen viele Baracken, vor allem für Umsiedler." Im Bereich des heutigen Campingplatzes gab es einen weiteren Teich, den die Brauerei als Eisteich nutzte. „So hatten sie das ganze Jahr Eis. Einmal, als eine Bäuerin verstarb, mussten wir zur Brauerei Eis holen gehen, um es in den Sarg hineinzulegen."


Johann-Höbel-Gasse

Im Jahr 1934 verband sich die Geschichte seiner Familie auf dramatische Weise mit jener des Februar-Aufstandes. „Mein Urgroßvater war Postenkommandant des Gendarmeriepostens in Puntigam, das damals noch ein Teil Straßgangs war." Als dieser mit anderen Gendarmen zum Puntigamer Gemeindeamt kam, wo sich sozialdemokratische Schutzbündler verschanzt hatten, kam es zu einem Schusswechsel, bei dem sein Urgroßvater getötet wurde. In Gedenken an ihn wurde bereits im April 1934 die Viktor-Adler-Gasse in Johann-Höbel-Gasse umbenannt und blieb dies bis zu ihrer Rückbenennung in Adlergasse im Jahr 1947.

Damien Crano
© Maryam Mohammadi
Damien Crano 1
© Maryam Mohammadi
Damien Crano 2
© Maryam Mohammadi

In seiner Wohnung im Bezirk Wetzelsdorf erzählt uns Damien Crano, wie er nach seinem Studium im Jahr 2003 nach Graz kam, um hier seine Deutschkenntnisse für bessere Chancen am Arbeitsmarkt zu erweitern. „Es war das Jahr der Kulturhauptstadt und ich habe Graz in seinem besten Moment gesehen", in dem es etwa auf positive Weise gelungen ist, alte und neue Architektur zu verbinden. Weniger erfreulich blieb ihm das Ausfüllen seines ersten Grazer Meldezettels in Erinnerung: „Ich wurde gefragt, welche Religionszugehörigkeit ich habe. Für mich als Franzose, wo in Frankreich Religion in absolut keinem behördlichen Schreiben vorkommen darf, war das ein Skandal. Ich war schockiert und habe selbstverständlich ‚ohne‘ angekreuzt."  

Später lernte er hier seine Frau kennen. „Wir haben zweimal geheiratet. Einmal in Frankreich, da es dort viel einfacher war", und ein zweites Mal traditionell in Weiß in der südoststeirischen Heimatgemeinde seiner Frau.


Nicht (nur) wegen der Liebe bleiben

Da sein Deutsch am Anfang nicht gut war und sein Publizistikstudium ihm hier wenig half, jobbte Damien Crano die ersten Jahre in Österreich in verschiedenen Bereichen, etwa bei der Müllabfuhr in Voitsberg oder im Telefonmarketing für eine Grazer Haarverlängerungsfirma. Von Anfang an war ihm wichtig, darauf zu achten, dass er sein Leben in der Steiermark und in Graz für sich selbst aufbaut, und nicht (nur) wegen der Liebe zu jemandem hier zu sein. Er hat von mehreren Migrant:innen, die wegen der Liebe in Graz geblieben sind, erfahren, dass sie sich hier unwohl gefühlt haben, wenn die Beziehung dann in Brüche gegangen ist.

Aufgrund seiner Französischkenntnisse bekam er schließlich einen Job als Vertreter für französischsprachige Länder eines radiopharmazeutischen österreichischen Unternehmens. Sein großes Ziel blieb es jedoch, „in Österreich einen Job zu machen, der nicht nur mit meiner französischen Sprache zu tun hat. Vor drei Jahren habe ich mit meinem aktuellen Job angefangen und ich dachte: ‚Jetzt fühle ich mich integriert!‘" Sind doch für seine neue Arbeit nunmehr seine selbst erworbenen Kompetenzen, Kenntnisse und Erfahrungen gefragt.

„Ich bin jetzt angekommen und glücklich, etwas geschafft zu haben, denn wenn man in ein anderes Land kommt, ist es schwierig, Fuß zu fassen. Man kennt die Sprache nicht und weiß nicht, wie die nächsten Jahre werden."


„Das" Schaukelstuhl

Neben seiner Arbeit schloss Damien Crano erfolgreich eine Ausbildung zum Lebens- und Sozialberater ab, was ihm viel bedeutet, war doch „das Diplom das erste Dokument, das ich mir wirklich in Österreich verdient hatte". Nachdem er ehrenamtlich beim Kriseninterventionsteam des Landes Steiermark zu arbeiten begann, wurde er 2021 Teil einer kleinen Gruppe von Menschen, die im psychosozialen Bereich tätig sind und die ähnlich dem „Mental Health Café" in München etwas in Graz aufbauen wollten. Da ein Schaukelstuhl für Wohlbefinden und Aufgehobensein steht, war die Idee geboren, den neu gegründeten Verein ‚Das Café Schaukelstuhl‘ zu nennen." Um keine falschen Assoziationen zu wecken, „ließen wir das Wort ‚Café‘ weg und auf die Schnelle schrieb ich ‚Das Schaukelstuhl‘ auf den Flyer. Nach einer Woche fragte mich meine Frau, ob ich nicht wisse, dass der Artikel falsch sei. Ich fragte meine österreichischen Kolleg:innen vom Schaukelstuhl, , warum sie mich nicht darauf hingewiesen hatten. Aber für sie war es okay. So ist ‚Das Schaukelstuhl‘ entstanden und sorgt bei den Leuten für Irritation, aber auch Neugier und Interesse." Wir machen da keine Therapie, aber wir geben die Möglichkeit, einfach zu reden. Einfach vorbeikommen und Dampf ablassen!" Neben der Funktion als niederschwellige psychosoziale Anlaufstelle fungiert man als Stadtteiltreff, wo im Untergeschoß der Peter-Rosegger-Apotheke in der Peter-Rosegger-Straße 101 ehrenamtlich Tätige mit ihren wöchentlichen Aktivitäten Wohlbefinden und psychosoziale Gesundheit fördern.


Immer noch die Angst, nicht richtig verstanden zu werden

Hinsichtlich seiner Erfahrungen als Ausländer beziehungsweise EU-Bürger in Österreich sind Menschen vor allem am Telefon manchmal irritiert, vor allem, wenn sein Akzent für das Gegenüber nicht genau einzuordnen ist. Gibt er sich als Franzose zu erkennen, dann heißt es oft: „Oh, schön!" „Manchmal spüre ich Vorurteile, weil ich nicht perfekt Deutsch kann. Wenn dazu noch Diskriminierungen aufgrund der Hautfarbe oder Herkunft kämen, „das müsste der Horror sein!" So weiß er von einem seiner ehemaligen Arbeitskollegen zu berichten, „der mit Frau und Kind zuerst 10 Jahre in Deutschland gelebt hat und dann nach Graz gezogen ist. Im Kindergarten haben Eltern anderer Kinder schnell gesagt: ‚Spielt nicht mit dem kleinen Mädchen!‘ Das Mädchen hat sehr gelitten. Es hat mich schockiert! Die Familie ging zurück nach Deutschland, wo sie keine solchen Erfahrungen gemacht hatten. Wenn ich besser Deutsch könnte, hätte ich schon öfters Leserbriefe in der Zeitung geschrieben und solche Missstände kritisiert.   Aber es gibt auch immer die Angst, missverstanden zu werden.


Keine Doppelstaatsbürgerschaft - „Das ist einfach nur
beleidigend"

„Noch nie habe ich mich so verbunden gefühlt mit einer Stadt. Es klingt vielleicht komisch, aber wenn ich etwas brauche: ich weiß, wo ich hingehen muss. Jetzt ist Graz meine Heimat. Heimat ist für mich, wo man sich sicher und aufgehoben fühlt. Graz ist mein persönlicher Wohlfühlort. Hier sind meine Frau, meine Katzen, meine Wohnung."

Obwohl er sich in Graz beheimatet fühlt, ist Damien Crano bis heute Ausländer. „Ich möchte die österreichische Staatsbürgerschaft annehmen, aber meine französische nicht aufgeben! Es ist das Einzige, was ich von meinem Land noch habe! Das sind meine Wurzeln. Ich bin Europäer, ich bin Franzose und ich bin Grazer. Es stört mich sehr, dass man, im Gegensatz zu anderen Ländern, hierkeine Doppelstaatsbürgerschaft haben kann. Nach 20 Jahren hier habe ich das Gefühl, dass ich das Recht haben sollte, hier auf nationaler Ebene zu wählen." Trotzdem gäbe es die Doppelstaatsbürgerschaft meist nur für Sportler:innen oder Opernsänger:innen. „Das ist für mich als Ausländer beleidigend!"

Zum Schluss ist es Damien Crano noch wichtig zu betonen: „Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Menschen in Graz und der Steiermark ihre Heimat gar nicht zu schätzen wissen, dabei haben sie so ein Glück, in dieser wunderschönen Region, im grünen Herzen Österreichs, leben zu dürfen!"

Djeneba Touré
© Maryam Mohammadi
Djeneba Touré 1
© Maryam Mohammadi
Djeneba Touré 2
© Maryam Mohammadi

Wir treffen die Diskuswerferin Djeneba Touré vor dem ASKÖ Stadion im Bezirk Eggenberg, deren Trainingsanlagen sie für ihren Sport exzellent nutzen kann. Wenige Minuten später steht sie mit ihrer Sportkleidung am Platz und zeigt uns ihre Würfe mit dem ein-Kilo-schweren Diskus. Ihre Stärke und ihr standhaftes Auftreten stellt die selbstbewusste 27-Jährige auch im folgenden Gespräch unter Beweis.


Gute Deutschkenntnisse bereits zu Beginn der Schule

Zusammen mit ihrer Mutter kam sie im Jahr 2000 im Alter von vier Jahren von der westafrikanischen Elfenbeinküste nach Graz, wo ihr Vater als anerkannter Flüchtling lebte. „Ich habe meine Mutter zu ihrem Deutschkurs begleitet und mit ihrem wenigen Geld haben meine Eltern mir deutschsprachige Bücher gekauft und daraus vorgelesen." Obwohl sie bereits gut Deutsch konnte, wurde sie in den ersten beiden Schuljahren in der Volksschule Graz St. Andrä, nicht benotet. „Später noch musste ich in der Schule als Kind mit Migrationshintergrund Deutschkurse besuchen. Ich dachte mir: ,Ich brauche das nicht, denn es gibt Österreicher, die können sicher schlechter Deutsch als ich.‘"


Unnötige Hürden am Weg zu einer Staatsbürgerschaft

Durch Bemühungen ihres Volksschuldirektors Loretto und ihrer guten Noten kam sie nach der Volksschule ins Lichtenfelsgymnasium. Etwa zur selben Zeit wurde ihr und ihrem Vater die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen. „Meine Mutter hat die Staatsbürgerschaft erst vor einigen Jahren bekommen. Da lebte sie schon über 20 Jahre hier, hat ihre Steuern gezahlt, war mit einem Österreicher verheiratet und hatte drei österreichische Staatsbürger:innen als Kinder. Trotzdem musste sie sich beweisen. Es kostet viel Geld und nicht alle haben die Bildung, um den nötigen Wissenstest zu schaffen."


„Alles, was eine Frau macht, ist weiblich!"

Im Gymnasium hatten die Sportlehrerinnen zwar ihr sportliches Talent erkannt, aber erst über ihre Mitschülerin, die sie zum Leichtathletiktraining im ATG begleitete, kam sie zum Diskuswurf. Der Erfolg stellte sich rasch ein mit guten Platzierungen bei der U-18-WM, U-20-WM und U-23-WM. Seit sie mit 23 Jahren in die allgemeine Klasse kam, ist sie in Österreich, wie sie stolz erzählt, die unangefochtene Nummer 1. Leider verpasste sie 2018 das Limit für die Teilnahme an der Europameisterschaft um mickrige 14 Zentimeter.

In der Vergangenheit war das Image von Diskuswerferinnen geprägt von sexistischen Klischees. Nur weil viele Diskuswerferinnen stärker sind als die meisten Männer, mache das den Sport nicht weniger ästhetisch oder weiblich. So Touré: „Eine Frau ist eine Frau, solange sie eine Frau ist - fertig! Es ist egal, wie muskulös oder burschikos sie sich präsentiert."


„Von der Liebe zum Sport alleine kann man nicht leben!"

Die Stadt Graz und das Land Steiermark unterstützen Touré bei guten Leistungen mit Förderungen, welche jedoch bei Weitem nicht ihre Ausgaben für Trainer:innen, Massage, Physiotherapie oder Trainingslager abdecken: „An die 4000 Euro kommen allein dafür im Jahr an Kosten zusammen". Für ihre Eltern, die ihre Sportbegeisterung schon in der Schule unterstützten, war es daher immer wichtig, dass sie ihre Tochter zum Lernen motivieren, damit es neben dem Sport einen „Plan B" gibt. Tourés Traum ist es, als Dolmetscherin im EU-Parlament oder bei der UNO zu arbeiten. Dafür studiert sie neben ihrer Sportkarriere an der Universität Graz Translationswissenschaften. Dem Bachelor, der beinahe geschafft ist, soll bald das Masterstudium folgen.


„Über die Erlebnisse mit Leuten könnte ich ein Buch schreiben."

Was „Integration" für sie bedeutet? Studien, so Touré, würden beweisen, dass Begegnungen im Alltag, etwa in soziokulturell vielfältigen Wohngebieten, zum Abbau von Vorurteilen beitragen. „Nähe bringt Verständnis und darum sollte man gratis Sportangebote für alle Kinder anbieten, egal welcher sozialen Schicht sie angehören. So kommen sie zusammen und die Eltern vielleicht auch. Natürlich ist das Integrationsthema relevant und man sollte es im Hinterkopf behalten, aber man kann es mal als Übertitel weglassen", damit daraus nicht gleich eine exkludierende Sonderbehandlung für Migrant:innen entsteht.

„Ich bin dreisprachig aufgewachsen und rede mit meinen Eltern Dioula und Deutsch. Dazu kommt noch Französisch. Ich finde es schade, dass viele Migrant:innen ihre Muttersprache nicht können, weil von den Kindern verinnerlicht wurde, dass diese keinen Wert hat." Alle ihre Anstrengungen und Kompetenzen bewahrten und bewahren sie nicht vor diskriminierenden Erfahrungen - vor allem aufgrund ihrer Hautfarbe: „Sie starren einen an oder reden dich auf Englisch an - dabei bin ich gar nicht anglophon! Dann immer diese Frage: ,Woher bist du?‘ Manchmal fragt man aus Interesse. Dann gibt es den Punkt, wo du denkst: ,Das spielt gar keine Rolle und ist bloß eine komische Frage.‘" Was sie sich stattdessen wünsche? „Ganz normale Fragen, so in der Art: ,Hi, wie heißt du, was machst du?‘"

Diese wiederholten Diskriminierungserfahrungen beeinflussen unbewusst ihr Verhalten. So war der erste Gedanke, als sie eines Tages im Winter an ihrem eingefrorenen Fahrradschloss herumhantierte: „Hoffentlich denkt niemand, ich stehle mein Rad." Über eine vorbeigehende ältere Dame, die fragte, ob es ihr „bei uns" gefällt, dachte sie sich: „Hallo, ich bin schon über 20 Jahre hier und österreichische Staatsbürgerin. Sicher hatte diese Frau es lieb gemeint, aber die Fragen nerven. Und was heißt das ‚bei uns‘? Ich bin auch hier bei mir, ich wohne auch da!" In dieser Stadt, wo es noch Menschen gibt, „die zu mir kommen und ‚Neger‘ sagen, einfach so, ohne Vorwarnung. Das passiert immer noch! Am helllichten Tag, in den Öffis, am Bahnhof und letztens am Grazer Hauptplatz." 


Wann wäre ich stolz auf Graz?

Der Bezirk Eggenberg, in dem sie jahrelang wohnte und ihre Eltern heute noch wohnen, „ist praktisch, gut angebunden und daher irgendwie dezentral zentral". Zu den Veränderungen im Bezirk hat sie ihre eigene Sichtweise: „Die neuen Bauten in Reininghaus erinnern mich ein wenig an die Türme von Mordor - hoch, dunkel und nicht sehr ästhetisch. Ich finde es toll, dass eine Stadt sich bemüht, neue Wohnräume zu schaffen, aber ein Problem, das ich sehe, ist die Frage des leistbaren Wohnens." Bei Familien mit geringeren Einkommen würden sich die hohen Mietpreise nicht ausgehen und seien neu gebaute Wohnungen oft nicht leistbar. „Wie soll Integration funktionieren, wenn ich räumlich abgeschottet und dazu noch an einer Schule bin, von der alle sagen, es sei eine ‚Brennpunktschule‘?!"

„Wenn der Trend zu teuren Wohnungen, Öffis und Lebenserhaltungskosten gestoppt werden könnte, dann würde ich sagen: ,Auf diese Leistungen wäre ich stolz als Grazerin.‘"

Walter Bradler
© Maryam Mohammadi
Walter Bradler 1
© Maryam Mohammadi
Walter Bradler 2
© Maryam Mohammadi

Walter Bradler steht am Balkon seiner Wohnung am Ende einer Abzweigung der Göstinger Straße, von welchem ein großer Teil der Stadt überschaubar ist. Beim Anblick des Nachbargrundstücks, auf dem das sogenannte Plabutscher Schlössl seit Jahren leer steht und sich auf der Wiese einige Rehe tummeln, wird er sentimental. Unter den Vorbesitzern standen hier noch viele alte Obstbäume, aus denen Schnäpse hergestellt wurden. Bis auf einige Kakibäume wurde alles gerodet. In der ganzen Umgebung kam es in den letzten 43 Jahren zu vielen baulichen Veränderungen, seit der damals 20-Jährige eine Garconniere suchte, da ihm sein Vater nahelegte, aus der beengten elterlichen Wohnung auszuziehen.


Aufgewachsen in einer Arbeiterfamilie

„Aufgewachsen bin ich, zusammen mit meinen zwei Schwestern, am Griesplatz in einer Substandardwohnung mit 45 Quadratmetern, ohne Bad und mit einem WC am Gemeinschaftsbalkon." In seiner Kindheit fuhr noch die mitunter laut rumpelnde 6er-Straßenbahn über den Griesplatz zum Zentralfriedhof. Mit mehreren Bäckereien, Fleischereien, Friseuren und Lebensmittelgeschäften war „der Platz ein eigener Mikrokosmos und du hast dich problemlos vor Ort versorgen können". Längst abgerissen ist die einstige Markthalle am nördlichen Ende des Griesplatzes, wo im Inneren Standler:innen ihre frischen Waren anboten und auch die frühere Fischhalle wird nun anders genutzt.


Ein sich ständig verändernder Beruf

Nach seiner Lehre zum Lithografen bei Dorrong arbeitete er für Jahrzehnte bei Reproteam und legte die sieben Kilometer zu seiner Arbeitsstätte in der Jauerburggasse von Beginn an mit dem Rad zurück. „In meinem Beruf hat es gleich mehrere Revolutionen gegeben, die das Berufsbild komplett veränderten. Bei Dorrong wurde der Text noch mit Bleisatz gesetzt. Danach, noch vor der Zeit von Computern, wurde der Fotosatz mechanisch angefertigt, indem der Text durch Schablonen belichtet wurde. Dann kam der Computer und bald darauf ist alles verschwunden. Diese Art der Arbeit gibt es heute nicht mehr." In den letzten 18 Jahren bis zu seiner Pensionierung 2021 war er in Webling beim Nachfolgeunternehmen der Firma Wall mit der Herstellung spezieller Druckplatten für Lebensmittel- und Zigarettenverpackungen beschäftigt.


Ein „Radlnarrischer mit einem Sammler-Gen"

Neben seiner Arbeit hat Walter Bradler über Jahrzehnte seine sogenannte Velorabilia-Sammlung aufgebaut. In zwei Kellerräumen finden sich in seinem Privatmuseum in schön ausgeleuchteten Vitrinen ungezählte Miniaturradmodelle, die bereits in einer TV-Sendung zu sehen waren. „Schon meine Mutter meinte, dass ich alles sammle, von dem es zumindest zwei verschiedene Exemplare gibt. Ich bezeichne mich selbst ja als ,Radlnarrischen mit Sammler-Gen‘." Am Wohnzimmertisch hat er für uns einige Ordner ausgebreitet, in denen ein kleiner Teil seiner Postkartensammlung zu bewundern ist. „Das Auge für schöne Grafiken hat sicher mit meinem Beruf zu tun. Werbegrafiken haben mich von der Gestaltung her immer fasziniert." Am Anfang seiner Postkartensammlung stand die Motivik des Fahrrades. Wie groß der Umfang dieser Sammlung aktuell ist, weiß er gar nicht so genau, doch schon vor Jahren „hatte ich rund 6.000 ältere und 6.000 neuere Postkarten mit Radmotiven". Die Produktion eines eigenen Buchs über seine Sammlung scheiterte bisher an den Kosten. So freut er sich aber, wenn er Exemplare seiner Sammlung zumindest für andere zur Verfügung stellen kann: „Alleine in einem neuen Buch über die Geschichte des Fahrradfahrens in Österreich sind 40 Abbildungen von mir zu finden!"


Im Einsatz für eine fahrradfreundliche Stadt

Seine ersten Radfahrerfahrungen machte Bradler auf einer „Rollerbahn" im Augarten. „Da gab es dort, wo jetzt die Bucht ist, eine asphaltierte Rundstrecke, wo wir Kinder mit unseren Rollern herumgefahren sind. Unser erstes gemeinsames Rad, von mir und meiner Schwester, war ein Puch Mini." Als Erwachsener blieb er dem Radfahren treu. „Ich hatte nie ein Auto, nicht einmal einen Führerschein. Für jemanden, der in Graz wohnt, ist es fast unnötig, mit dem Auto in die Stadt zu fahren. Ich habe das Glück, dass meine Frau das genauso sieht."

Seine Ideen zur aktiven Mitgestaltung einer radler:innenfreundlichen Stadt kann er innerhalb der Radlobby ARGUS Steiermark umsetzen. Vor 25 Jahren wurde der steirische Zweigverein mit heute rund 600 Mitgliedern gegründet. „Ich bin seit Beginn an mit dabei und war zuvor schon Mitglied beim Wiener Verein ARGUS. Seit einigen Jahren bin ich ehrenamtlich im Vorstand tätig." Über die Erfolge der Radlobby meint er. „Wir haben kein Mandat, wir können nur Vorschläge machen. Aber ein Beispiel ist der Puchsteg:" Da die Pläne des Kraftwerksbetreibers vorsahen, den neuen Steg wieder gleich schmal wie den alten zu errichten, habe sich die Radlobby erfolgreich für die nunmehr breitere Variante eingesetzt. Die Stadt Graz steuerte finanziell etwas dazu bei.


Hauskaffee und Krapfen

Dass er neben seinen anderen Sammlungen zudem noch eine sehr imposante Ansichtskartensammlung mit tausenden Abbildungen zum Bezirk Gösting bzw. zu Graz besitzt, „hat mit der Bezirksausstellung 1989 zu tun, die im E-Werk Gösting zu sehen war". Nach deren Besuch begann er selbst zu sammeln. „Mich interessierte immer schon, wie etwas früher ausgesehen hat. Gösting war um 1900 noch ein Bauerndorf und der Bereich zwischen hier und der Stadt Graz noch völlig unverbaut." Ein besonderes Anliegen im Bezirk ist ihm die ungewisse Zukunft der Burgruine Gösting, wo man im Lokal bei Hauskaffee und Krapfen auf der herrlichen Terrasse einkehrte. „Vor allem am Wochenende sind Familien in Scharen hinauf gewandert. Es ist ein nahes und mit Öffis erreichbares Top-Ausflugsziel." Dem Verkauf an den letzten Besitzer stand er kritisch gegenüber, deshalb gab der Pachtvertrag mit der Stadt Hoffnung, dass zumindest irgendetwas geschieht. „Leider wurde schließlich nichts außer den notwendigen Sicherungsmaßnahmen umgesetzt." Allein schon aus Respekt vor einem der ältesten Gebäude von Graz bräuchte es dessen Erhaltung und Zugänglichmachung „und es braucht oben eine kleine Taverne, aber keinen Eventtempel! Der Platz ist, so wie er ist, sehr schön und wertvoll, deshalb hoffe ich sehr auf eine baldige Öffnung der Burg."

Als Pensionist ist für Bradler „alles nun viel entspannter. Ich genieße es sehr und kann es nur empfehlen, sage ich immer. Aber ich bin gerne arbeiten gegangen, bis zuletzt." Nachdem er früher im Schichtbetrieb gearbeitet hat, genießt er jetzt seinen Morgen und kann sich noch mehr seinen Sammlungen und Aktivitäten widmen.

Erika Jurkovič
© Maryam Mohammadi
Erika Jurkovič 1
© Maryam Mohammadi
Erika Jurkovič
© Maryam Mohammadi

Seit über 60 Jahren wohnt die 93-jährige Erika Jurkovič in ihrem Haus in Andritz. Beim Eintreten gilt es, schnell die Türe zu schließen, sollen doch ihre Katzen Maxi und Leni und Hündin Peggy im Haus bleiben. Auf dem Wohnzimmertisch, der im Zentrum ihrer täglichen Aktivitäten steht, stapeln sich Tageszeitungen, Journale und Hefte von Tierschutzorganisationen. Bald diskutieren wir über aktuelle Themen, die ihr beim Durchlesen der beiden abonnierten Tageszeitungen untergekommen sind. Ihre große Liebe gilt jedoch autobiographischen Romanen, von welchen sie fast wöchentlich einen verschlingt. Das mag wohl daran liegen, dass ihr eigenes Leben sich wie ein Schicksalsroman anhört.    


In der slowenischsprachigen Volksschule

Als sie am 4. Jänner 1931 in Maribor (Marburg) als Erika Hetzl geboren wurde, war die Stadt seit über 10 Jahren ein Teil Jugoslawiens. Bald wurde ihr Vater als Mitarbeiter der Bahn nach Ljubljana versetzt und die Familie kam mit. „Dort im Kindergarten lernte ich slowenisch, während wir zu Hause Deutsch gesprochen haben." Als Erika vier Jahre alt war, verstarb ihre Schwester mit einem halben Jahr an Kinderlähmung. 1935 zogen sie zurück und „da habe ich mit der slowenischsprachigen Volksschule angefangen. Diese Schule am Toppeinerplatz existiert heute noch!" Da sie im damals noch nicht eingemeindeten Ort Košaki wohnte, konnte sie nicht die deutschsprachige Schule besuchen, für die man in der Stadt wohnen musste. „Am 2. November 1940 verstarb mein Vater an einem Herzinfarkt mit 49 Jahren. Plötzlich stand meine Mutter mit 37 Jahren mit mir allein da und musste außerdem meine schwerkranke Großmutter pflegen."


Evakuierung der Schule

Nach der NS-Machtergreifung und der Einverleibung Sloweniens in das Deutsche Reich im Jahr 1941 wurde der Schulunterricht nur mehr auf Deutsch abgehalten. Aufgrund des Kriegsverlaufs wurde ihre Hauptschule 1944 nach Radenci (Bad Radein) verlegt. Zu Ostern 1945 mussten die Schülerinnen wegen der näherkommenden Front wieder ihre Koffer packen „und wir sind mit dem Zug bis zum Bahnhof Au-Seewiesen gefahren". Von dort ging es zu Fuß rund 30 Kilometer bis zum Erlaufsee. Nach nur wenigen Wochen erfolgte eine weitere Evakuierung, diesmal an den Kärntner Millstätter See. Kurz vor Kriegsende im Mai 1945 holte ihre Mutter sie ab und sie fuhren gemeinsam in die slowenische Heimat.


Internierung im Lager Sterntal

Nach dem Ende des Krieges wurde Slowenien 1945 Teil der neu entstandenen Föderativen Volksrepublik Jugoslawien. In Košaki riet ein Nachbar ihrer Mutter zur Flucht, da nach den Jahren der NS-Diktatur die Situation für Deutschsprachige „gefährlich werden könnte. Aber meine Mutter sagte, sie bleibt da, sie hat ja niemandem etwas getan." Einige Wochen später wurden Erika, ihre Mutter und weitere Verwandte von Košaki aus in das jugoslawische Internierungslager Sterntal (Taborišče Šterntal) gebracht. Das Lager befand sich in der Nähe von Ptuj (Pettau), wo von den Nationalsozialist:innen während des Krieges Zwangsarbeitende einer Aluminiumfabrik in Baracken untergebracht waren. „Das Lager war mit einem Zaun geteilt. Wir kamen in eine Baracke im unteren Teil des Lagers. Dort waren viele unserer Bekannten." Es ist Erika Jurkovič, die damals 14 Jahre alt war, anzumerken, wie schwer es ihr fällt, über ihre Erlebnisse im Lager zu erzählen.


Ohne Mutter zurück in Maribor

Im Oktober 1945 wurde das Lager in Sterntal aufgelöst. „Wir Kinder wurden entlassen und nach Hause geschickt. Wie ich nach Hause kam, sind gerade fremde Leute in unser Haus eingezogen, und ich konnte nur etwas Gewand zum Anziehen und einige Fotoalben und Fotos herausholen und ging zu meiner Tante in Maribor." Ihre Mutter jedoch, die sie zuletzt im Lager Sterntal sah, soll - wie sie später erfuhr - vor ein Gericht gekommen und in ein weiteres Lager Nahe Maribor gebracht worden sein.

Als es im Jänner 1946 wieder zu Verhaftungen kam, war darunter ihre Tante, bei der sie wohnte. Zwar musste Erika nicht mit, aber „einige Tage später holte mich ein Partisan ab und brachte mich in die ehemalige Obstbauschule Gams (Kamnica)".


29. März 1946: Ausreise nach Österreich

„Ich selbst kam am 29. März 1946 mit anderen über die österreichische Grenze. In der Kaserne in Strass wurden wir gewaschen und entlaust." Nach 14 Tagen wurden sie aus der Quarantäne entlassen. Da man ihr in Slowenien versichert hatte, dass ihre Mutter bereits in Österreich sei, suchte sie bei Verwandten, zuerst in Kärnten, dann in Graz, nach ihr.

Sie kam bei ihrem Onkel Josef Weitzl unter, in dessen „Alpenländischer Kraftfahrschule und Reparaturwerkstätte" am Griesplatz 16 sie ihre Lehre zur Bürokauffrau absolvierte. Erst Jahre später musste sie die Hoffnung aufgeben, ihre Mutter wiederzusehen. Eine noch in Slowenien lebende Verwandte überbrachte die Nachricht, dass das Lager, in dem ihre Mutter gewesen war, aufgelöst worden war und die Lagerinsass:innen am Bachern erschossen worden waren.


Geschäftsgründung und Hauskauf

Ihren Mann heiratete sie 1958 und ein Jahr später kam Sohn Harald zur Welt. Schon vor der Heirat hatte sie die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten, die es ihr erlaubte, wieder nach Jugoslawien zu reisen.

1961 eröffnete sie mit ihrem Mann am Kaiser-Franz-Josef-Kai das Geschäft „Fernsehgeräteschau". „Damals waren Fernseher eine Rarität und wir haben, neben drei bis vier anderen Geschäften in Graz, mit dem Verkauf angefangen und es war ein gutes Geschäft." Daneben sollten die im ersten Stock aufgebauten Stereoanlagen Kund:innen für das neuartige Klangerlebnis begeistern.

Nur wenige Jahre nachdem sie 1963 in Andritz ein Haus gekauft hatten, verstarb ihr Mann Harald Jurkovič überraschend mit 37 Jahren am 9. Mai 1969 an einer Sepsis. „Das war der Tag, an dem Königin Elisabeth in Graz war." Erst wenige Tage zuvor war er am 5. Mai, seinem Geburtstag, mit großen Schmerzen ins Spital eingeliefert worden. „Es war gerade die Grazer Messe, wo wir einen Verkaufsstand hatten. Einen Tag hatten wir geschlossen, dann ging die Arbeit weiter."

Nach dem Tod ihres Mannes führte sie das Geschäft allein weiter, bis sie es an eine Schwester von Helmut Marko übertrug (später, nach dem Tod der Hausbesitzerin, erwarb Helmut Marko, der bereits das Nebenhaus besaß, auch dieses Haus, um es in ein Hotel umzuwandeln). 


Selbständiges Wohnen - solange es geht

Ab 1981 arbeitete sie bei den Minoriten, wo sie bis zu ihrer Pensionierung 1991 für das Rechnungswesen und die Buchhaltung verantwortlich war. „Damals war noch die Musikhochschule dort untergebracht, bevor sie in die Leonhardstraße umgezogen ist."

Es ist faszinierend zu sehen, wie Erika Jurkovič Pläne für die Zukunft schmiedet. So hat sie in ihrem Garten in den letzten Jahren einige neue Obstbäume gepflanzt. „Das sind zwei Apfelbäume, ein Weingartenpfirsichbaum und ein Kastanienbaum, den ich umgesetzt habe. Einen Kirschbaum habe ich auch gesetzt, aber der braucht noch einige Zeit, bis er Früchte trägt." Die Frage, ob sie sich vorstellen könnte, in ein Altersheim zu ziehen, entrüstet sie sichtlich. „Ich liebe mein Haus, meine Tiere und will nicht in ein Altersheim, das mache ich nicht. Ich möchte zuhause sterben!"

Sarah Schiller
© Maryam Mohammadi
Sarah Schiller 1
© Maryam Mohammadi
Sarah Schiller 2
© Maryam Mohammadi

Im Jahr 2023 feierte die Grazer Berufsfeuerwehr ihr 170-jähriges Bestehen. Im Gegensatz dazu kam es erst 2008 zur Neugründung einer Freiwilligen Feuerwehr (FF Graz), die zuvor nur um 1850 für einige Jahre Bestand hatte. Seit 2009 dient die umgebaute, frühere Berufsfeuerwehrwache Kroisbach in der Mariatroster Straße 37 der FF Graz als Hauptstützpunkt.

Macht es überhaupt Sinn, wenn in Städten Berufsfeuerwehren und Freiwillige Feuerwehren nebeneinander bestehen? Da der höchste Kostenfaktor bei Berufsfeuerwehren deren Personalkosten seien und ein Blick auf die Einsatzstatistiken zeige, dass deren vorhandenes Personal nicht ausreiche, „haben wir über die Jahre mitbekommen, dass wir gebraucht werden und die Kollegen von der Berufsfeuerwehr sehr entlasten können. Ich glaube, der Grazer Bevölkerung ist es relativ egal, wer von uns kommt, wenn zum Beispiel der Keller überflutet ist." So die profunde Sicht von Feuerwehrgruppenkommandantin Sarah Schiller, die uns an diesem regnerischen Tag in der Feuerwache empfängt und uns im Gespräch ihre Liebe zur Feuerwehr spüren lässt. Mit dabei ihr erst wenige Monate alter Sohn, auf dessen Strampelanzug in großen Lettern das Wort „Feuerwehr" zu lesen ist.


Es war Schicksal

Sarah Schiller wurde im Frühjahr 1990 in Merseburg an der Saale geboren. „Ein halbes Jahr war es noch der ‚Osten‘, dann kam die Wiedervereinigung. Und als ich zwei Jahre alt war, zogen meine Eltern ins kärntnerische Arnoldstein, da mein Vater dort einen Job bekommen hatte." 2008 übersiedelte sie für ihr Chemiestudium nach Graz und fand im Student:innenheim in der Schönbrunngasse eine Bleibe.

Neben ihrem Studium war sie auf der Suche nach einer ehrenamtlichen Aktivität, ohne genau zu wissen, was das sein könnte. Eines Tages im Februar 2014 sah sie dann „im Internet etwas über Feuerwehren und in der Nacht darauf habe ich davon geträumt". Als sie am nächsten Morgen zur Grazer Feuerwehr recherchierte, stellte sie fest, dass die Wache gleich um die Ecke lag. Dass sie durch diesen Zufall ihre Liebe zur Feuerwehr entdeckte, empfindet sie in der Rückschau als eine Fügung des Schicksals.

Ab da ging alles sehr schnell: Sie ging zur Feuerwache und füllte ein Aufnahmeformular aus. Der Aufnahmeausschuss tagte zwei Tage danach und schon war sie aufgenommen. „Sie haben mich zu einer Übung mitgenommen und seitdem war ich eigentlich fast jeden Tag hier." Was ihren Einsatz betrifft, „so bin ich ein Extrembeispiel. Ich habe Jahre gehabt, da habe ich über 2000 Stunden hier verbracht, dieses Jahr komme ich trotz Schwangerschaft und Geburt immer noch auf rund 1000 Stunden." Im Durchschnitt liegt der Aufwand von Mitgliedern der Grazer Freiwilligen Feuerwehr bei 200 bis 500 Stunden pro Jahr, auch da es „12-Stunden-Nachtdienste gibt und bei diesen geht schon einiges an Zeit drauf".


Erst seit 2023 geschlechtergetrennte Umkleideräume

Auf ihre Grundausbildung folgten für Schiller Fortbildungen, die speziell für urbane Einsätze in Graz entwickelt wurden. Zu den häufigsten Einsatzbereichen gehören die Straßenreinigung nach Verkehrsunfällen, die Baum- und Astentfernung nach Stürmen, das Kellerauspumpen und Liftrettungen. Durch die hohe Anzahl von über 1000 Grazer Brandmeldeanlagen kommt es häufig zu Alarmen: „Es kann sein, dass es tatsächlich brennt, oder es raucht jemand oder zu Semesterbeginn in Student:innenheimen fangen die Leute zu kochen an. Es ist immer spannend, zu raten, welches Essen statt dem Verbrannten hätte werden sollen."

Bald interessierte sich Schiller bei der FF Graz für den Bereich des Atemschutzes: „Ich habe den Atemschutzgeräteträgerlehrgang in Lebring gemacht und wurde Atemschutzwart. Ich habe die große Verantwortung in der Feuerwehr, dass diese Geräte immer einsatzbereit sind."

Als Gruppenkommandantin einer rund 30 Mitglieder umfassenden Gruppe steht sie zudem an der Spitze der weiblichen Mitglieder der FF Graz. Im Unterschied zur rein männlichen Grazer Berufsfeuerwehr stellen Frauen bei der FF Graz etwa ein Fünftel der Belegschaft. „Wir sind zum Glück eine Wehr, die Gleichberechtigung lebt." Dennoch gab es bis zum Umbau 2014 in der übernommenen Berufsfeuerwehrwache keine getrennten WCs und Duschen. „Vorher hängten wir draußen Schilder hin, dass gerade Männer oder Frauen duschen. Getrennte Umkleiden waren logischerweise der nächste Schritt. Bis zur Eröffnung der Damenumkleidekabine im Jahr 2023 haben wir Frauen uns in der Fahrzeughalle umgezogen. Die Abmachung mit dem Bezirksamt ist nun, dass wir einen Raum dafür vom Bezirksamt bekommen haben - das gelang auch dank Unterstützung der Grazer Bürgermeisterin. Im Jahr 2023 kann es eigentlich nicht sein, dass es keine Möglichkeit zum getrennten Umziehen gibt."


Noch nicht ganz überwundene Geschlechterklischees

Seit 2021 ist Schiller als Ausbildnerin in der Feuerwehrschule in Lebring tätig und somit unter rund zwei Dutzend Ausbildner:innen die erste und einzige Frau in der Steiermark. „Zum Glück wurde das von den steirischen Feuerwehren sehr gut aufgenommen. Den meisten ist es egal, ob eine Frau oder ein Mann sie ausbildet." Natürlich gäbe es jene, die anfangs etwas skeptisch sind, etwa wenn es um den Einsatz von Körperkraft geht. „Meine Antwort darauf ist: Wir sind nie allein und der Vorteil der Feuerwehr als Gruppe ist die Einheit. Wenn ich nicht die Kraft habe, habe ich vielleicht die Technik oder das Wissen, um es leichter hinzubekommen. Es wird schwierig, klar. Aber dafür trainiere ich, dass ich die Kraft habe. Als ich den Atemschutzgeräteträgerlehrgang gemacht habe, war das für mich körperlich sehr anstrengend und eine extreme Herausforderung, die ich gemeistert habe. Was ich in meinen Jahren als Ausbildnerin beobachtet habe, ist, dass Frauen immer glauben, sie schaffen es nicht. Aber da sie sich vor den Männern nicht bloßstellen wollen, haben sie einen größeren Ehrgeiz und entsprechend strengen sie sich erfolgreicher an. Als erste Ausbildnerin ist es toll, den Frauen in der Ausbildung zu zeigen: ‚Wir können das und kein Mensch kann dir sagen, dass du das nicht kannst!‘" Dass anlässlich des letzten Internationalen Frauentags ein Posting auf Social Media dessen Bedeutung betont hat, ist daher keine Überraschung.


Mariatrosterin und Mutter

Seit einigen Jahren wohnt sie in Mariatrost und nutzt so den Vorteil, im Ernstfall schneller auf der Wache sein zu können. Durch ihr Baby hat sich der Blick auf ihren Stadtteil verändert. Fiel ihr bereits früher auf, dass Personen mit Rollstühlen, die in einer Einrichtung in der Nähe der Basilika wohnen, schwer auf den Gehsteig hinaufkommen, so macht sie mit dem Kinderwagen nun ähnliche Erfahrungen. Ein weiterer Wunsch von ihr ist, dass es in der Stadt mehr Wickelmöglichkeiten gibt, damit man sein Baby nicht am Boden wickeln muss.

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