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Die Griesviertel "DNA"

1. Der Griesplatz als Zentrum - EIN Platz für alle

Wenn man die Menschen befragt, wo der Griesplatz beginnt und wo er endet, bekommt man ganz unterschiedliche Informationen. Die einen, die in der Griesgasse wohnen, orientieren sich mehr am Südtirolerplatz als am Griesplatz. Die Menschen, die am südlichen Teil des Griesplatzes wohnen, grenzen sich zum Teil vom nördlichen Teil ab. Den einen Griesplatz gibt es nicht, er ist in sich selbst sehr heterogen.

„Die zentrale Ankunfts-Funktion des Platzes muss bestehen bleiben, denn solche Räume sind wichtig und werden wichtig bleiben. Ob für jene, die neu kommen oder jene, die schon seit Jahrzehnten, oder ihr Leben lang hier wohnen - der Griesplatz muss als Wohnort, Aufenthaltsort, oder Ankunftsort erhalten, benutzbar und somit auch leistbar bleiben. Die Politik trägt die Verantwortung für einen sensiblen Umgang und dafür, die Vielfältigkeit des Platzes zu wahren, denn: der Griesplatz soll ein Platz für Alle sein." (Zitat aus: Griesplatzzeichnen vom Verein rotor)

2. Günstig statt teuer

„Als Transitort entstanden, war der Griesplatz immer ein Ort, an dem Menschen von außerhalb ankamen und in der neuen Umgebung Fuß fassen konnten." (Zitat aus: Griesplatzzeichnen vom Verein rotor)

Das Griesviertel ist seit jeher ein Stadtteil, in dem die Menschen „ankommen", wenn sie nach Graz ziehen. Der Grund hierfür ist, dass die Wohnungen (noch immer) relativ günstig sind. Der Grund liegt zum Teil auch darin, dass viele Gebäude sanierungsbedürftig sind. In den vergangenen Jahren gab es wieder eine erhöhte Bautätigkeit im Griesviertel.  Haussanierungen aber auch Neubauten sind derzeit im Gange bzw. In Vorbereitung.

Die Menschen schätzen die Internationalität und die zentrale Lage des Griesplatzes, aber auch die Anonymität. Manche zieht es nach einiger Zeit weiter, viele bleiben. Viele sagen auch, dass sie im Griesviertel so „sein können, wie sie gerne möchten" und sich deswegen hier wohl fühlen.

„Martin beschreibt den Griesplatz im positiven Gegensatz zur restlichen Stadt, er setzt den „multikulturellen" Charakter des Griesplatzes der „spießigen und kleinstädtischen Atmosphäre" anderer Viertel gegenüber, die Multikulturalität die er mit einem Großstadtgefühl in Zusammenhang bringt, aber auch die lokale Geschäftskultur am Platz betrachtet er als besondere Qualitäten seiner Nachbarschaft" (Zitat aus: Griesplatzzeichnen vom Verein rotor)

3. Diversität und Internationalität

Die Menschen am Griesplatz sind keine einheitliche Gruppe. Viele verschiedene Kulturen und Generationen leben hier. Sowohl Familien mit Kindern, ältere Menschen aber auch viele Studentinnen und Studenten wohnen im Griesviertel. Es gibt Menschen mit unterschiedlichen Muttersprachen. Auch soziale Randgruppen und Menschen, die mit wenig auskommen müssen, leben am Griesplatz. Manche leben schon ihr ganzes Leben am Griesplatz. Und noch mehr kommen jeden Tag am Griesplatz durch. SchülerInnen vom Musikkonservatorium, PendlerInnen, Touristinnen und Touristen, die mit den Graz-Guides durch die Gassen schlendern und viele, die zum Essen und Feiern auf den Griesplatz kommen. Die meisten Menschen hier schätzen diese bunte Vielfalt und sehen sie als ein wichtiges Merkmal des Griesviertels, das nicht verloren gehen darf.

„Der Griesplatz ist ein Raum, an dem sich die Wege von Menschen aus ganz unterschiedlichen Hintergründen beschneiden und überlagern. Die Vielfalt, die sich an diesem Ort verdichtet, ist eines seiner Hauptmerkmale. Sehr anschaulich geht dies auch aus den Zeichnungen und Erzählungen hervor, die wir im Rahmen des Projektes sammelten. Diese Vielfalt wird aber, auch das verdeutlicht sich in zahlreichen Schilderungen, keineswegs konfliktfrei gelebt, Vielmehr bildet sich ab, wie intensiv dieser Sachverhalt die Menschen hier beschäftigt und wie kontrovers er diskutiert wird." (Zitat aus: Griesplatzzeichnen vom Verein rotor)

4. Kleinteiligkeit & Mischnutzung

Vom Griesplatz ausgehend gibt es sehr viele kleinere Gassen. Die Erdgeschoßzonen sind von vielen kleinen Ladenlokalen geprägt, die sich sehr gut für eine bunte Mischung an Dienstleistungen eignen: viele kleine Restaurants, Imbisse, Friseure, Architekturbüros und Kreative siedeln sich gerne hier an. Das Angebot an Waren ist durchaus günstig und international. Es gibt zahlreiche Läden aus den Bereichen Einzelhandel, Second-Hand bzw. Re-Use- und Fairtrade Produkte aber auch Dienstleistungsbetriebe, wie Fahrradbotendienst, Waschsalon, Friseurbetriebe, Wettcafés und eine bunte und internationale Auswahl an Gastronomie.

Manchen AnrainerInnen ist diese Produktpalette zu einseitig und einige wünschen sich mehr große Marken, manche mehr „einheimische" Geschäfte, manche bessere Qualität. Die Kleinteiligkeit eignet sich aber besonders für Kleinbetriebe, junge DesignerInnen, kreatives Handwerk, regionale Produkte und Bioartikel. Es gibt mit dem „Citypark" nur ein großes Einkaufszentrum im direkten Umfeld, das für viele Menschen ein wichtiger Nahversorger ist und auch die nötige Infrastruktur wie Post und Bank beherbergt. Insgesamt ist am Griesplatz ein Kommen und Gehen zu beobachten, es gibt eine durchaus hohe Fluktuation an Nutzungen.

Auch die Nachtszene ist sehr belebt. Rotlichtetablissements gibt es nur mehr vereinzelt, doch noch immer kommen viele Menschen zum Ausgehen ins Griesviertel: zahlreiche Clubs, Diskotheken und kleine Bars gibt es hier - manche von ihnen haben bis früh morgens geöffnet. Das Zusammenspiel der unterschiedlichsten Nutzungen und Lebensstile ist eine große Herausforderung für die AnrainerInnen.

5. Urbanität oder das „Dorf in der Stadt"

Im Griesviertel findet man Gebäude aus den unterschiedlichsten Epochen. Die Griesgasse beheimatet Gebäude aus dem 16./17. Jahrhundert und befindet sich in der Altstadtschutzzone.  Das Griesviertel ist dicht bebaut, daher gibt es wenig Grünflächen. Der Rösselmühlpark und der Oeverseepark aber auch der angrenzende Augartenpark sind daher sehr wichtige Freiräume für die BewohnerInnen. Im Beteiligungsprozess nannten die Menschen sehr häufig den Wunsch nach mehr Grünflächen und Aufenthaltsbereichen.

Im Griesviertel leben ca. 6.000 Menschen. Das Zusammenleben funktioniert in einem guten „Nebeneinander", völlig konfliktfrei ist es aber selbstverständlich auch im Griesviertel nicht. Auf den Straßen erlebt man oft, dass sich die Leute grüßen. Es ist wie ein „Dorf in der Stadt". Die meisten Menschen haben ein sehr gutes Netzwerk innerhalb ihrer Communities, der Austausch zwischen den Kulturen scheint jedoch nicht immer einfach. Hier gibt es durchaus Barrieren und Verbesserungsbedarfe. Für den gemeinsamen Austausch ist es besonders wichtig, dass mehr Flächen für den persönlichen Austausch und ein konfliktfreies Zusammenkommen entstehen.

„Wenn Unterschiedlichkeit und Veränderung als Wesensmerkmale einer Großstadt verstanden werden, dann hat der Griesplatz etwas sehr Städtisches. Wenn man dieses städtische Gefüge aber genauer betrachtet, dann entspricht der Griesplatz aber weniger dem Bild einer Großstadt. Eher wirkt er wie ein typischer dörflicher Hauptplatz. Tatsächlich haben die vielen lokalen Strukturen und persönlichen Netzwerke, die sich über den Platz erstrecken, durchaus etwas Dorfartiges." (Zitat aus: Griesplatzzeichnen vom Verein rotor)

6. Gastro & Internationalität

Der Griesplatz und seine Umgebung ist von einer hohen Dichte an Gastronomie geprägt. Für viele ist der Griesplatz ein gastronomischer Hotspot und die Kulinarik das Markenzeichen des Platzes. Ob das österreichische Gasthaus - günstigere oder gehobene Küche, das Schnitzelhaus, der Thailänder, Vietnamese, ob Burger, Kebap, Pizza, Vegetarisch, Vegan, Afrikanisch, Asiatisch - (fast) alles ist im Griesviertel zu finden. Viele Menschen kommen speziell wegen des vielfältigen Essensangebots hier her. Bei der Befragung von Passantinnen und Passanten, welcher Grund sie auf den Griesplatz führt, haben fast alle auch das Thema Essen als Grund angegeben. Dieses Merkmal sollte unbedingt als Qualität gestärkt werden. Ein langjähriger Wunsch, der dieses Bild untermauert, ist ein Markt mit internationalem Angebot an Lebensmitteln und Gastronomie nach dem Vorbild des Wiener Naschmarktes.

7. Image und Identität

Der Griesplatz ist, wie oben beschrieben auch ein Viertel, in dem viele Menschen ankommen. Zahlreiche Nutzungen, die auf der „bürgerlichen" Seite von Graz keinen Platz hatten, haben sich hier angesiedelt: es gab Rotlichtetablissements und viele Kneipen, wodurch der Ruf eines „Vergnügungsviertels" entstand. Manchmal hört man noch, dass der Griesplatz unsicher sei, doch befragt man die Menschen am Griesplatz, empfinden sie ihr Viertel nicht als gefährlich. Sicherlich gäbe es Dinge zu verbessern, aber das Zusammenleben funktioniere im Großen und Ganzen sehr gut.

8. Freiraum ohne Konsumzwang

Der Griesplatz ist ein wichtiger Verkehrsknoten in der Stadt Graz. Viele Flächen werden vom motorisierten Verkehr genutzt und am Griesplatz selbst gibt es wenig verkehrsfreie Flächen. Ein wichtiges Anliegen ist daher die Erhöhung der Frei- und Aufenthaltsflächen. Im Griesviertel gibt es eine hohe Anzahl an kleineren Wohnungen bzw. mehrere Menschen wohnen in einer gemeinsamen Wohnung, daher ist der Freiraum besonders wichtig, da er auch „Wohnzimmer" ist. Eine Neustrukturierung der Flächen ist daher für eine Neugestaltung besonders wichtig. Auch kleine Verbesserungen am Platz könnten schon vorab eine Aufwertung bringen, z.B. Begrünung, Möblierungen etc.

9. (Gordischer) Verkehrsknoten

Der Griesplatz ist ein Verkehrsknotenpunkt. Fast alle Menschen beklagen das Zuviel an Verkehr und den damit verbundenen Lärm. Derzeit ist der Großteil der Flächen mit Verkehrszwecken belegt. Eine Verkehrsberuhigung ist notwendig, um die Lebensqualität am Griesplatz zu verbessern, wahrscheinlich ist jedoch, dass der Griesplatz auch zukünftig eine übergeordnete Verkehrsfunktion für das Stadtgebiet behalten wird.

„Einige Menschen erzählen, dass sie Umwege in Kauf nehmen, um gefährlichen Verkehrssituationen zu entgehen: So vermeidet es eine Mutter mit ihren Kindern durch die stark befahrene Zweiglgasse zu gehen und nimmt stattdessen den längeren Weg durch die Stadlgasse. Unabhängig voneinander bedauern mehrere InterviewpartnerInnen, dass es hier wenig Platz zum Fahrradfahren gibt: ‘die Fahrradwege sind absurd angelegt' Manchmal müssten sie deswegen verbotenerweise auf den Gehsteigen fahren, was sie sehr störe." (Zitat aus: Griesplatzzeichnen vom Verein rotor)

Der öffentliche Verkehr ist für den Griesplatz charakteristisch: Städtischer Nahverkehr mit Bussen sowie Regionalbussen werden von den Menschen sehr geschätzt. Auch sorgt der öffentliche Verkehr - besonders die Regionalbusse - dafür, dass viele Menschen ein- und aussteigen und dadurch auf Griesplatz kommen bzw. durch "reisen". Diese Menschen nutzen sehr häufig das gastronomische Angebot am Griesplatz, bevor sie nach Hause fahren.

10. Verkehrssicherheit für FußgängerInnen & RadfahrerInnen

Ein besonders dringlicher Bedarf besteht im Griesviertel an der Verbesserung der Verkehrssicherheit für RadfahrerInnen und FußgängerInnen. Es gibt eine Vielzahl an Personen, die mit dem Rad unterwegs sind. Viele kommen von der Innenstadt, von Norden über den Südtirolerplatz oder vom Augartenpark. Viele BewohnerInnen und Menschen, die hier arbeiten oder durchkommen, sind mit dem Rad unterwegs. Jedoch gibt es kaum Radwege. Beim Versuch, den Griesplatz mit dem Rad legal zu passieren, scheitert man. Man muss absteigen und das Rad abschnittsweise schieben. In der Realität suchen sich die RadfahrerInnen selbst ihre Wege und begegnen einander am Gehsteig gegen die Einbahn fahrend, dies ist ein enormes Sicherheitsrisiko. Ebenso sind die Gehsteige häufig sehr schmal und mit Barrieren übersät. Hohe Randsteine werden besonders von älteren Menschen, RollstuhlfahrerInnen und Menschen mit Kinderwägen kritisiert. Die Menschen queren die Straße häufig abseits der gekennzeichneten Übergänge. Die Verbesserung der Verkehrssicherheit und der Ausbau der Geh- und Radwege ist daher ein wichtiges Ziel für eine Neugestaltung.

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