Zum siebenten Mal fand die Grazer Gemeinderatssitzung, 5. November 2020 in der Grazer Messehalle statt. Für BürgerInnen und MedienvertreterInnen stand der Livestream 7 Tage lang zum Nachschauen zur Verfügung. Diese Videoaufzeichnung darf ohne explizite Zustimmung der Stadt Graz aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht weiterverwendet werden. Bitte um Verständnis.
Gedenken an die Opfer des Terroranschlages
Zu Beginn der heutigen Gemeinderatssitzung erinnerte Bürgermeister Siegfried Nagl an die Opfer des fürchterlichen Terroranschlages vom 2. November 2020 in Wien. Stehend und viele Minuten lang schweigend gedachten die Mitglieder des Gemeinderates den Toten, den Verletzten und ihren Angehörigen. "Wir werden für unsere Werte kämpfen, für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Liberalität, für die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie die Religionsfreiheit", betonte Bürgermeister Nagl in seiner Rede.
Das ökosoziale Investitionsbudget 2021
Der Grazer Finanzstadtrat Günter Riegler präsentierte dem Gemeinderat das Nachtragsbudget 2020 sowie das ökosoziale Investitionsbudget 2021.
Zum Rückblick auf das Budget 2020: "Wir haben gewusst, dass wir in dieser Gemeinderatsperiode eine hohe Investitionssumme brauchen werden. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, dass wir 20 Prozent aus dem laufenden Cash-flow, also aus eigener Kraft finanzieren werden. Jetzt, dreieinhalb Jahre später und insbesondere mit einer Pandemiekrise zeigt sich, dass wir dieses Ziel bei weitem übertroffen haben. Es gelingt uns, aus der laufenden Gebarung 977 Mio Euro für die Investitionen zu verwenden, das ist beinahe ein Drittel der Investitionen."
Zur Budget-Präsentation des Finanzstadtrats
Günter Riegler betonte unter anderem ...
- ... dass es viele Investitionen gibt, die man auf den ersten Blick nicht sieht: Zum Beispiel werden 36 Millionen Euro jährlich für Gleissanierungen ausgegeben, 10 Mio. Euro für Straßenbahnrevisionen usw.
- ... dass 390 Mio Euro (netto) für das Soziales ausgegeben werden
- ... dass für die Bildung 620 Mio. Euro - für die Zukunft der Kinder ausgegeben werden: Für Schulbauten und die Sicherstellung von Kindergärten und Krippen
- ... dass in der Stadtplanung viele Millioneninvestitionen getätigt werden, die vielleicht als selbstverständlich angenommen werden, z.B.: Reininghaus-Straßenbau und Infrastruktur 26 Mio Euro, Reininghaus-Park 8 Mio Euro, "Lebensraum Mur" 20 Mio. Euro u.v.a.
- ... dass auch für den Sport und das Sportjahr 2021 viele Investitionen getätigt werden: Stadien Liebenau und Weinzödl 12 Mio Euro, Aksö-Halle 5 Mio Euro etc.
- ... dass für leistbares Wohnen 75 Mio. Euro in die Hand genommen werden
- ... dass der städtische operative Saldo heuer -55 Mio. Euro beträgt und für 2021 auf -44 Mio. Euro prognostiziert wird
- ... dass der konsolidierte laufende Cash-Flow nach Zinsen 2020 16 Mio. Euro beträgt und für 2021 auf -18 Mio. Euro veranschlagt wurde
- ... dass die bisherigen Einnahmenrückgänge und Mehrausgaben punktgenau prognostiziert wurden
- ... dass sehr rasch ein Nachtragsbudget für 2020 erstellt wurde
- ... dass im Frühjahr 2020 sehr umsichtig und rasch reagiert wurde, um die Stabilität und Liquidität sicher zu stellen.
Weitere Rahmenbedingungen des Budgets stellte Riegler bereits in der vorigen Woche bei seiner Budgetpräsentation gemeinsam mit Bürgermeister Siegfried Nagl und Vizebürgermeister Mario Eustacchio vor.
Generalreden + Beschluss
Klaus Frölich, ÖVP:
Für die ÖVP meldete sich Gemeinderat Klaus Frölich als Generalredner zu Wort: "Viele Parameter sind nicht beeinflussbar. Die Welt, Europa, Österreich, Steiermark und viele Gemeinde stehen vor einigen Fragen. Die Herausforderungen sind groß. Ich bin der Meinung, dass wir mit einer konstruktiven Zusammenarbeit aller Kräfte diese Herausforderungen meistern können. Dieser Budgetentwurf trägt eine ökosoziale Handschrift."
Manfred Eber, KPÖ:
KPÖ-Klubobmann Manfred Eber ergriff für seine Partei im Rahmen der Generalreden das Wort: "In den Monaten der Corona-Krise hat sich die Schere zwischen jenen, die nicht genug für das tagtägliche Leben haben und jenen, die im Überfluss leben, weiter geöffnet. Die Forderung nach einer Corona-Steuer für Reiche ist keine Utopie, sondern ein Gebot der Stunde. Wir werden diesen beiden Budgets nicht zustimmen. Die Handschrift der Mehrheitsfraktionen unterscheidet sich von unserer. Zum Beispiel im Bereich der Gemeindewohnungen."
Armin Sippel, FPÖ:
Der freiheitliche Klubobmann Armin Sippel sprach für seine FPÖ-Fraktion: "Wir als FPÖ sind seit 2017 in der Verantwortung in Graz. Unser Bestreben war immer eine strenge Zuwanderungspolitik. Hier sind wir auf einem guten Weg, aber nach dem Anschlag in Wien müssen wir hier nachbessern. Das Budget steht natürlich im Schatten der Krise. Wir handeln die Zahlen gewordenen Folgen der Krise ab. Wir brauchen dieses Budget, dass wir in dieser herausfordernden Zeit ein verlässlicher Partner für die Grazer Wirtschaft sind."
Andrea Pavlovec-Meixner, Grüne:
Gemeinderätin Andrea Pavlovec-Meixner brachte den Grünen Beitrag zum städtischen Budget ein: "Natürlich hat Corona Auswirkungen auf den städtischen Schuldenstand. Leider haben sich die Schulden in den letzten zwölf Jahren in Graz beinahe verdoppelt. Wir als Grüne begrüßen die Strategie, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten antizyklisch zu investieren. Wir sehen es positiv, dass in den Öffentlichen Verkehr und Klimaschutz investiert wird. Jedoch kommen Schwarz-Blau einfach nicht ins Tun. Leider gab es in vielen Bereichen mehr Ankündigungen als Umsetzungen. Wir werden dem Nachtragsbudget und dem Budget 2021 nicht zustimmen. Graz hat sich mehr Innovationskraft verdient!"
Volltext Rede Pavlovec-Meixner
Michael Ehmann, SPÖ:
Für die SPÖ stand Klubobmann Michael Ehmann am Rednerpult, um zum Grazer Budget zu sprechen: "Die Verschuldung ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Und sie werden auch in den nächsten Jahren weiter steigen. Selbstverständlich hat die Pandemie zu einer Ausnahmesituation geführt. Leider habt ihr auch in dieser Situation nicht die ausgetretenen Pfade verlassen. Ich denke an extreme Kostenüberschreitungen bei städtischen Projekten und fehlender Transparenz. Für diesen Budgetentwurf gibt es keine Zustimmung. Es ist das Ebenbild eurer Politik."
Sabine Reininghaus, NEOS:
NEOS-Gemeinderätin Sabine Reininghaus meinte in ihrer Generalrede: "Das ist ein Budget mit einem riesigen Schuldenrucksack für die kommenden Generationen. Eine seriöse Finanzplanung für das kommende Jahr ist schwierig. Die Klein- und Mittelbetriebe sind schwer angeschlagen. Das Budget, das heute beschlossen werden soll, ist kein mutiges Budget, daher gibt es von mir keine Zustimmung zu diesem Budget."
Stadtrat Günter Riegler:
Der Finanzstadtrat ging vor der Beschlussfassung in einem Statement auf die einzelnen Reden ein, anschließend präsentierte er nochmals die Eckzahlen des Budgets: "Wir haben uns sehr bemüht und es ist ein ansehnliches Budget herausgekommen. Der Nachtrags-Voranschlag basiert auf dem Voranschlag von 2020 und umfasst ein Volumen von 1.054.67.100 Euro und ein negatives Nettoergebnis von mehr 77 Mio Euro.
Dieser Nachtragsvoranschlag 2020 wurde mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ angenommen.
Im Voranschlag 2021 werden 1,53 Mio Euro und ein Negativergebnis von 67 Mio Euro abgebildet. Das Gesamtbudget wurde von ÖVP und FPÖ beschlossen.
Die weiteren Teile des Budgetbeschlusses wurden folgendermaßen abgestimmt:
a) Wirtschaftsplan GPS: einstimmig angenommen
b) Wirtschaftsplan GGZ: einstimmig angenommen
c) Wirtschaftsplan Wohnen Graz: einstimmig angenommen
d) Dienstpostenplan für 2021: einstimmig angenommen
Die StadtregiererInnen zum Budget 2021
Die sieben Grazer StadtregiererInnen äußerten sich mit vorab aufgezeichneten Videostatements zum Budget 2021 sowie den wichtigsten Punkten aus ihren Ressorts:
- Bürgermeister Siegfried Nagl: Start bei 0:00 min
- Vizebürgermeister Mario Eustacchio: Start bei 1:47 min, zur schriftlichen Rede von Mario Eustacchio
- Stadtrat Günter Riegler: Start bei 5:20 min
- Stadtrat Kurt Hohensinner: Start bei 8:04 min
- Stadträtin Elke Kahr: Start bei 10:50 min, zur schriftlichen Rede von Elke Kahr
- Stadtrat Robert Krotzer: Start bei 13:21 min, zur schriftlichen Rede von Robert Krotzer
- Stadträtin Judith Schwentner: Start bei 16:30 min, zur schriftlichen Rede von Judith Schwentner
Fragestunde
Die Fragen der Fragestunde werden in der Budget-Gemeinderatssitzung ausschließlich schriftlich beantwortet. Hier die Auflistung:
- GR Michael Ehmann an Vizebürgermeister Mario Eustacchio: Pflege Liegenschaft Andersengasse 38
--> schriftliche Beantwortung Frage 1 - GR Georg Topf an Stadträtin Elke Kahr: Gehsteige, Fuß- und Radwege im Bezirk Straßgang
--> schriftliche Beantwortung Frage 2 - GR Manfred Eber an Stadtrat Günter Riegler: Versorgungssicherheit der Grazer Bevölkerung mit Fernwärme
--> schriftliche Beantwortung Frage 3 - GRin Andrea Pavlovec-Meixner an Günter Riegler: Dringender Handlungsbedarf bei Breitbandausbau in Graz
--> schriftliche Beantwortung Frage 4 - GR Gerald Haßler an Stadtrat Günter Riegler: Vermittlungsgebühr für Kreditaufnahmen
--> schriftliche Beantwortung Frage 5 - GR Philipp Hofer an Stadtrat Robert Krotzer: Corona-Checkbox
--> schriftliche Beantwortung Frage 6 - GR Kurt Luttenberger an Bürgermeister Siegfried Nagl: Güterbahnhof Graz
-->schriftliche Beantwortung der Frage 7 - GR Heinrich Sickl an Stadträtin Elke Kahr: Neugestaltung Conrad-von-Hötzendorf-Straße
--> schriftliche Beantwortung Frage 8 - GRin Tamara Ussner an Stadträtin Elke Kahr: Neugestaltung Alte Poststraße im Bereich FH Joanneum
--> schriftliche Beantwortung Frage 9 - GRin Susanne Bauer an Stadtrat Günter Riegler: Kommunales Investitionspaket (KIG 2020)
--> schriftliche Beantwortung Frage 10 - GR Hans Peter Meister an Stadtrat Günter Riegler: Breitbandoffensive und Citycom-Policy
--> schriftliche Beantwortung Frage 11 - GRin Manuela Wutte an Stadtrat Robert Krotzer: Erweiterung der Angebote zur Krisenbewältigung und Suizidprävention
--> schriftliche Beantwortung Frage 12 - GR Karl Dreisiebner an Stadtrat Günter Riegler: Personalentwicklung der Holding Graz Linien
--> schriftliche Beantwortung Frage 13 - GR Gerald Kuhn an Bürgermeister Siegfried Nagl: Graz-Webseite - Auflistung von NS-nahen Personen ohne Kommentar
-->schriftliche Beantwortung der Frage 14
Städtischer Wohnbau Am Grünanger
Im Siedlungsareal Am Grünanger entstehen 60 zeitgemäße und leistbare städtische Sozialmietwohnungen in 13 Wohngebäuden. Da sich dort während der NS-Zeit das Lager V - Liebenau befand, ist das Gebiet historisch äußerst sensibel. Die Planungs- und Bauarbeiten werden deshalb von Archäologen begleitet. Alle Parteien gaben heute die Zustimmung zum Bau der Wohnhäuser, die Projektkosten werden 8,3 Millionen Euro betragen.
Pflichtschulausbau
Das städtische Schulausbauprogramm GRIPS 2 wird weiter vorangetrieben. Für die kommenden Ausbauten zum Bildungscampus Puntigam und der Volksschule Viktor Kaplan werden insgesamt 25 Millionen Euro investiert. Hier finden Sie nähere Informationen zu den geplanten Maßnahmen.
Der Tagesordnungspunkt wurde einstimmig angenommen. Lediglich zu Punkt 3 (Baustellen- und BürgerInneninformation) gab es Gegenstimmen der SPÖ.
Klimaschutzplan
Der Fachbeirat für Klimaschutz empfiehlt die Erarbeitung eines umfassenden Klimaschutzplans für Graz. Der Plan soll folgende Elemente enthalten: Darstellung des Status Quo, Potenzialanalyse bestehender städtischer Strategien und Maßnahmen, Handlungsempfehlungen und ergänzende Maßnahmen. Alle Parteien unterstützten dieses Vorhaben.
Verkehrsmaßnahmen für Neubau VS Andritz
2023 soll die neue Volksschule Andritz in der Stattegger Straße in Betrieb geben. Dafür braucht es ein begleitendes Verkehrskonzept: Anbindung an das öffentliche Straßen- und Wegenetz, Erschließung für alle Verkehrsarten, Anschluss an den öffentlichen Verkehr, öffentlich nutzbare Durchwegung für den Fuß- und Radverkehr. Die dafür geplanten 1,4 Millionen Euro wurden von allen Parteien beschlossen.
Stadtentwicklungskonzept, öffentliche Auflage
Das Stadtentwicklungskonzept (STEK) wird zum mittlerweile sechsten Mal geändert, da es Änderungen im Bereich des Köglerweges in der Nähe des Tierschutzheimes „Arche Noah" gibt. Die neueste Auflage des 4.06 Stadtentwicklungskonzeptes wird zwischen 19. November 2020 und 21. Jänner 2021 öffentlich im Stadtplanungsamt aufliegen. Zum notwendigen Beschluss im Gemeinderat gaben alle GemeinderatsmandatarInnen ihr OK. Bitte beachten Sie, dass aufgrund der aktuellen Corona-Schutzmaßnahmen derzeit eine vorherige Terminvereinbarung mit dem Amt notwendig ist. Kontaktieren Sie dazu bitte das Stadtplanungsamt.
Bebauungspläne
Zum Beschluss standen heute der Bebauungsplan „Zusertalgasse - Hochsteingasse" und die 2. Änderung des Bebauungsplans „Prochaskagasse - Peneffgründe". Der Bebauungsplan Zusertalgasse wurde gegen die Stimmen von KPÖ und den Grünen beschlossen, der Bebauungsplan Prohaskagasse wurde zum einstimmigen Beschluss.