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Mutmacher: Kinderschutz gelingt am Besten in Kooperation

Mit Livestream der Pressekonferenz zum Nachsehen

13.03.2024
 

Vor mehr als 30 Jahren, am 20. November 1989, wurde von der UNO die Konvention über die Rechte des Kindes beschlossen. Dieses Übereinkommen sichert jedem Kind grundlegende politische, soziale, ökonomische, kulturelle und bürgerliche Rechte zu. Ebenfalls im Jahr 1989 wurde in Österreich Gewalt in der Erziehung verboten. „Trotzdem gehört das Thema Gewalt in der Familie leider nicht der Vergangenheit an. Nach wie vor sind manche Kinder von Gewalt in der Familie oder in ihrem Umfeld betroffen. Diese kommt dabei nach wie vor in allen Altersstufen, Kulturen und sozialen Bevölkerungsgruppen vor", weiß Bildungs-, Jugend- und Familienstadtrat Kurt Hohensinner. Vor diesem Hintergrund wurde im Jahr 2020 von der Stadt Graz die Kampagne „Mutmacher" entwickelt und umgesetzt. Mit kleinen, kuscheligen Wesen, den so genannten Mutmachern, sollen Kinder ermutigt werden, darüber zu reden und die Grazerinnen und Grazer für den Kinderschutz sensibilisiert werden. Damit geht das Erfolgsprojekt heuer in seine 5. Auflage. „Das Projekt ist heute wichtiger denn je", betont Hohensinner, „ein Blick in die Zahlen zeigt: Die steigenden Zahlen bei Gewaltfällen waren kein Ausreißer während der Corona-Pandemie, sondern setzen sich auch jetzt weiter fort."

2019 2020 2021 2022 2023
Betretungsverbote 104 156 207 216 244
Meldungen 945 1.010 1.051 1.116 1.311
Gefährdungsabklärungen 569 542 578 625 639

Mut, familiäre Gewalt anzusprechen

Für Abteilungsleiterin Ingrid Krammer ist die Initiative ein wichtiges Vernetzungsprojekt des Amtes für Jugend und Familie: „Kooperation ist eines der zentralen Prinzipien in unserer fachlichen Arbeit, denn soziale Arbeit gelingt nur im Miteinander. Die enge Zusammenarbeit der Kinder- und Jugendhilfe mit Eltern, Schulen, Kinderbetreuungseinrichtungen, Ärzt:innen und vielen anderen Partner:innen entscheidet maßgeblich darüber, wie gut Familien beim Kinderschutz unterstützt werden können." So wird auch die Mutmacher-Kampagne in Kooperation mit der Abteilung für Bildung und Integration durchgeführt. In den kommenden Wochen werden rund 2.500 Mutmacher an alle Grazer Kinder in den 3. Klassen Volksschulen verteilt. Diese werden von den drei sozialökonomischen Betrieben tag.werk, Jugend am Werk und heidenspass produziert. Nachdem sie aus Stoffresten gefertigt werden, haben alle ein (beinahe) einzigartiges Aussehen. „Wir wollen ein starkes Zeichen gegen Gewalt an Kindern setzen. Gleichzeitig war uns wichtig, dass die Mutmacher auch eine positive Bedeutung für die Kinder haben und ein liebevoller Begleiter für sie und ihre Familien sind", erklärt Hohensinner, „Mut braucht man in vielen Situationen: Vor Schularbeiten, schwierigen Entscheidungen oder wenn es eben darum geht Dinge anzusprechen. Genau dann können sich die Kinder an ihre Mutmacher wenden."

v.l. Simone Koren-Wallis (Moderation), Stadtrat Kurt Hohensinner, Angela Kaltenböck-Luef (Direktorin Volksschule Graz-Schönau), Helmut Sixt, Ingrid Krammer (beide Amt für Jugend und Familie)Stadtrat Kurt Hohensinner mit einem Mutmacher

Mut, sich zu melden

Wichtigster Ansprechpartner im Fall möglicher Gewalt gegen Kinder ist der Bereitschaftsdienst im Amt für Jugend und Familie. Dessen Leiter, Helmut Sixt, betont, dass Kinderschutz nie Pause macht: „Familiäre Krisen und Notlagen von Kindern und Jugendlichen finden nicht nur zu den üblichen Öffnungszeiten statt. Sie passieren häufig dann, wenn alle zu Hause sind, also am Abend, in der Nacht und am Wochenende. Daher ist der Bereitschaftsdienst rund um die Uhr gut erreichbar - für Familien, für Schulen und alle anderen Partner im Kinderschutz." Eine besondere Bedeutung kommt der Erstmeldung zu. Der Bereitschaftsdienst lebt dabei ein gutes Miteinander mit den Grazer Bildungseinrichtungen. „Lehrerinnen sind aufgrund ihrer täglichen Kontakte wichtige Bezugspersonen für Kinder; Lehrkräfte nehmen oft selbst ein Verhalten an einem Kind wahr, das Anlass zur Sorge gibt und vieles wird ihnen auch von Kindern erzählt. Der Schritt einer Gefährdungsmeldung ist nie einfach, da Lehrkräfte wissen, dass es damit häufig vorerst zu Unruhe in der Familie kommt und möglicherweise auch das Vertrauen der Familie in die Schule gefährdet werden kann. Nichtsdestotrotz müssen sich Lehrerinnen und Lehrer bei Hinweisen auf eine Gefährdung an uns in der Kinder- und Jugendhilfe wenden, denn es geht um den Kinderschutz. Der Bereitschaftsdienst bietet daher Lehrerinnen und Lehrern auch schon im Vorfeld einer Meldung an, sich gemeinsam mit uns über die weitere Vorgehensweise auszutauschen", so Sixt. Im vergangenen Jahr wurden vom Bereitschaftsdienst 913 Meldungen bearbeitet, 782 Beratungen durchgeführt, 244 Betretungs- und Annäherungsverbote bearbeitet. 330 Kontakte fanden in der Nacht-, Wochenend- und Feiertagsbereitschaft statt.

Mut, hinzuschauen

Die besondere Verantwortung des Lehrkörpers in Sachen Kinderschutz ist auch den Schulen bewusst. Kinder müssen ernst genommen werden, wenn sie von psychischer oder physischer Gewalt in ihrer Familie berichten. Ganz wesentlich ist, dass die Unterstützungskette durch die Kinder- und Jugendhilfe aktiviert wird. Direktorin Angela Kaltenböck-Luef von der Volksschule Graz-Schönau betont daher: „Das Wichtigste ist: Kinder ernst nehmen, ihre Erzählungen ernst nehmen. Wir an der Schule hören den Kindern aufmerksam zu und machen im Ernstfall Meldung an den Bereitschaftsdienst." Kaltenböck-Luef ist seit 16 Jahren Direktorin und in dieser Funktion für 16 Klassen und rund 290 Kinder verantwortlich.

Zum Projekt:

Die Mutmacher helfen also dabei, mit Kindern leichter ins Gespräch zu kommen, wenn es um Fragen familiärer Gewalt geht. Die Patronanz für diese Initiative haben die beiden Klinikvorstände, Universitätsprofessor Ernst Eber (Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde) und Universitätsprofessor Holger Till (Universitätsklinik für Kinder- und Jugendchirurgie), gerne übernommen. Inhaltlich begleitet wird die Kampagne vom Kinderschutz-Zentrum Graz, stellvertretend für die Grazer Kinderschutz-Einrichtungen.

Alle Informationen auch unter: www.graz.at/mutmacher

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