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Lager-Liebenau-Funde an Graz Museum übergeben

Archäologische Funde des Grünanger Areals an Stadtarchäologie weitergereicht

11.05.2023

Auf Anstoß der Gedenkinitiative Graz-Liebenau wurden im August 2022 zwei Wochen lang Grabungen im Maria-Cäsar-Park am Grünanger durchgeführt. Die archäologischen Funde, die auf dem Areal des ehemaligen Lager Liebenau geborgen wurden, wurden heute an die Stadtarchäologie des Graz Museums übergeben. Es sind berührende Funde, die die Grabungsarbeiten zutage getragen haben, wie Rainer Possert von der Gedenkinitiative erklärt. Gemeinsam mit seiner Frau Uschi Possert setzt er sich seit Jahren für die wissenschaftliche Aufarbeitung rund um das Lager Liebenau ein.

Bei der Übergabe der Funde: Uschi und Rainer Possert (Gedenkinitiative Graz-Liebenau), Bürgermeisterin Elke Kahr, Archäologin Sandra Schweinzer und Graz Museum Direktorin Sibylle Dienesch (v.l.).Die archäologischen Funde enthielten unter anderem handgeschnitzte Kämme......150 Reste von Frauen-, Männer- und Kinderschuhen, deren genagelte oder genähte Sohlen fast durchgetreten sind..... Knöpfe ......rund 513 Schneckenhäuser......und 52 Kilogramm Tierknochen, die auf das Essverhalten der Insassen schließen lassen.

Finanziell ermöglicht wurde die Forschungsgrabung durch Stadtrat Manfred Eber und Bürgermeisterin Elke Kahr, die bei der Übergabe persönlich anwesend war. "Jedes Gebiet hat seine eigene Geschichte. Jene vom Grünanger ist eine mit fürchterlichen Aspekten, aber auch eine von gelebter Solidarität und Nachbarschaft", erklärt die Bürgermeisterin. "Die Menschen, die hier heute leben, sollen einander begegnen, aber auch die Geschichte des Areals in persönlichen Gesprächen weitertragen. Denn Geschichte muss weitererzählt werden, damit sie nicht vergessen wird." 

Fundstücke mit Persönlichkeitswert

Auf einer Fläche von 53m2 und in bis zu zwei Metern Tiefe hat die Archäologin Susanne Schweinzer von der Firma ARGIS zahlreiche Fundstücke geborgen. Diese sind unter anderem den Opfern des Todesmarsches ungarischer Juden und Lagerinsassen zuzuordnen. Es sind bedeutsame, persönliche Hinterlassenschaften von Lagerinsassen verschiedenster Nationalitäten: Ein rosaroter Kinderschuh, rund 150 Reste von Frauen- und Männerschuhen, handgeschnitzte Kämme, Brillenbügel, Porzellanfragmente mit Stempeln, Besteck, vielfältige Knöpfe, Medizinfläschchen, Salbentuben, Phiolen und Glasflaschen unterschiedlichster Herkunft. Aber auch 52 Kilogramm Tierknochen und rund 500 Schneckenhäuser und Flussmuscheln wurden gefunden.

Archivierung in der Stadtarchäologie

Die archäologischen Funde wurden nun an die Stadtarchäologie Graz weitergegeben, wo sie unter der Leitung von Susanne Lamm inventarisiert, konserviert und in einer Datenbank erfasst werden, die früher oder später allen Grazer:innen zugänglich gemacht werden soll. "Aufgabe der Stadtarchäologie ist es, Funde, die bei Grabungen auf städtischem Grund entdeckt werden, entgegen zu nehmen und diese weiter wissenschaftlich zu bearbeiten. Wir sehen uns in diesem Zusammenhang als einen Ort der Zukunft" erklärt Sibylle Dienesch, Direktorin des Graz Museum. Erst die unzähligen Funde am Grünanger und jene in Reininghaus führten 2020 zur Einrichtung der Stadtarchäologie Graz als jüngster Teil der Sammlung des Graz Museums. 

Das Lager Liebenau

Das Lager Liebenau, das sich am Areal des heutigen Grünangers befand, war das größte Zwangsarbeiterlager in Graz während des zweiten Weltkrieges. Seit 2015 ist das Gebiet um den Grünanger als Bodenfundstätte definiert und sämtliche Bautätigkeiten müssen archäologisch begleitet werden. Diese begleitenden Grabungen, wie etwa bei der Errichtung des Murkraftwerks oder der Gemeindewohnungen, reichen allerdings nur so tief, wie das Fundament der Bauwerke geht. Erst 2020 erfolgte mithilfe der Energie Steiermark die erste wissenschaftliche Grabung in 1,5 m Tiefe und die Errichtung der Erinnerungstafel mit digitalem Rundgang. 2022 konnten diese nun fortgesetzt werden.
Alles zum Areal rund um den Grünanger und dem Lager Liebenau lesen Sie unter graz.at/lagerliebenau

Gedenkveranstaltung

Die Gedenkinitiative Graz-Liebenau lädt zur Gedenkfeier an die Opfer des Todesmarsches ungarischer Jüd:innen und die NS Opfer im Lager Liebenau: Am Dienstag, 16. Mai 2023, um 17 Uhr im Jugendzentrum Grünanger, Theyergasse 22, 8041 Graz-Liebenau.

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