Eine Siedlung mit grünen Hinterhöfen am Stadtrand von Graz. Tür an Tür wohnen Jungfamilien und ältere Menschen, die Ruhe und Nähe zum Zentrum der steirischen Landeshauptstadt schätzen. Und mittendrin liegt die Wohngemeinschaft Algersdorf. Eine ganz besondere Einrichtung, die jungen, körperbehinderten Menschen den Start in ein selbstbestimmtes Leben möglich macht - und das bereits seit 40 Jahren. Anlässlich dieses Jubiläums waren zahlreiche Gäste in die WG Algersdorf gekommen, um gemeinsam mit den (ehemaligen) Bewohner:innen und dem Team zu feiern. So auch Bürgermeisterin Elke Kahr: "Die Besonderheit an dieser Wohngemeinschaft ist die menschliche Ausrichtung. Wenn man seine eigene Freiheit und Selbstständigkeit erhalten kann, ist unglaublich viel möglich." Und Stadtrat Kurt Hohensinner ergänzte: "Wenn man den roten Faden verliert im Leben, wird man in der WG Algersdorf aufgefangen. 78 Personen haben hier im Laufe der Jahre den roten Faden wiedergefunden und damit die Möglichkeit bekommen, selbstständig zu leben und zu arbeiten." Besonders toll ist für ihn der Ideenreichtum aus der hauseigenen Kreativswerkstätte. So geht etwa die Gestaltung der barrierefreien Mülltonnen, die man an vielen Standorten in Graz findet, auf die WG Algersdorf zurück.
Im Zeichen der Selbstständigkeit
Obmann Jochen Haller, selbst einst Bewohner der WG, ist dankbar dafür, dem Verein zu repräsentieren und ihm dadurch etwas zurückgeben zu können: "Nach einem Badeunfall vor 30 Jahren, der mich an den Rollstuhl fesselte, durfte ich am eigenen Leib erfahren, wie toll die Einrichtung ist. Das ist ein Platz, an dem man sich frei entfalten und unabhängig ein selbstbestimmtes Leben führen kann. Hier hat man von Anfang an an mich geglaubt, ich konnte die Matura nachholen und ein Studium beginnen. Jetzt lebe ich bereits seit 20 Jahren alleine - ohne dieses Haus hätte ich das nie geschafft!" Geschäftsführerin Linda Büchner betonte: "Das oberste Ziel ist es, unsere Bewohnerinnen und Bewohner auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit zu begleiten. Dazu werden spezielle Trainings erarbeitet und die Fortschritte im Unterstützungsplan dokumentiert - alles natürlich individuell an die Menschen angepasst. Und das Schönste: Wir waren und sind eine Familie. Eine Familie, in der aus unbekannten Menschen Kollegen und Freunde wurden."
Die Wohngemeinschaft
Die WG Algersdorf wurde im Jahr 1983 auf Initiative von Elfriede Freeman errichtet mit dem Ziel, körperbehinderten jungen Menschen Starthilfe in die Selbständigkeit zu geben. Sie finden hier Wohnraum mit Blick ins Grüne, den sie nach eigenen Vorstellungen gestalten können, und haben zugleich die Sicherheit, die sie brauchen: vollzeitbetreutes Wohnen, das Rehabilitation und Selbständigkeitstraining einschließt und auf die Bedürfnisse jeder Bewohnerin, jedes Bewohners abgestimmt wird. Einige Bewohner:innen leben seit den 1980er-Jahren im Hause. In den letzten Jahren wurde das Konzept an die Lebenswelten und Bedürfnisse junger Menschen im Rollstuhl angepasst. Die Zielgruppe sind nunmehr junge Männer und Frauen, die seit einem Unfall oder von Geburt an besondere Unterstützung brauchen. Auf dem Weg zwischen Rehabilitation oder Elternhaus und dem selbstbestimmten Leben in einer eigenen Wohnung finden sie in der WG Algersdorf Ermutigung und Training zur Selbständigkeit. Hier die Eckdaten:
Wohnen
- 16 barrierefreie Apartments mit Bad, Kochnische, Balkon bzw. Terrasse (ca. 45 m2)
- Speise- und Aufenthaltsraum
- Therapieraum
Arbeiten
- Orientierung und Planung
- Ausbildung
- externe Berufstätigkeit
- interne Berufstätigkeit in der Kreativwerkstätte
Freizeit
- persönliche Assistenz