VinziHelp veranstaltete im Grazer Rathaus ein Symposium, um die Ursachen und Auswirkungen von Frauenarmut zu beleuchten. Die Veranstaltung brachte Expert:innen und betroffene Frauen zusammen, um über strukturelle Probleme und fehlende Unterstützungssysteme zu diskutieren. Ein Video mit Erfahrungsberichten von 15 Frauen sensibilisierte für die Realität vieler Betroffener. In Podiumsdiskussionen, unter Beteiligung von Bürgermeisterin Elke Kahr, wurden Themen wie fehlender Respekt im Umgang mit Frauen, unzureichende Kinderbetreuung und Sprachbarrieren für Migrantinnen angesprochen. Das Symposium diente dazu, konkrete Handlungsempfehlungen zu entwickeln und einen gesellschaftspolitischen Diskurs anzustoßen, der niemanden abwertet.

Im Jubiläumsjahr von VinziHelp fand heute ein ganztägiges Symposium zum Thema "Warum ist Armut weiblich?" im Grazer Rathaus statt. Expert:innen und betroffene Frauen beleuchteten zunächst strukturelle Ursachen und Folgen von Frauen-Armut und versuchten, Lücken im Versorgungssystem ausfindig zu machen. Nach der Mittagspause folgte eine Podiumsdiskussion, an der auch Bürgermeisterin Elke Kahr teilnahm. Der verbleibende Nachmittag wurde in Themengruppen verbracht, um Handlungsempfehlungen auszuarbeiten.
15 unterschiedliche Gedanken
Als Keynote-Speakerinnen waren Karin Heitzmann von der WU-Wien und Kolumnistin, Aktivistin und Autorin Daniela Brodesser zu Gast, für musikalische Einlagen und anregende Inputs sorgte Irina Karamarkovic vom Migrant:innenbeirat der Stadt Graz. Die neue Obfrau der VinziWerke Österreich und ehemalige Grazer Vize-Bürgermeisterin, Martina Schröck, nahm ebenfalls an der Veranstaltung teil, ebenso Nicola Baloch, GF VinziWerke Österreich und Susanne Pratl, Obfrau VinziHelp
Am Podium diskutierten mit Bürgermeisterin Elke Kahr Yvonne Popper-Pieber, stv. Landesgeschäftsführerin des AMS Steiermark, Daniela Hoppaus von InterACT und Debbie Adams von "Base Graz". Moderiert wurde die Diskussion wie auch die restliche Veranstaltung von Susanne Weber.
Als Einstimmung gab es ein Video zu sehen, in das InterACT Gedanken von 15 unterschiedlichen Frauen verpackt hat - sehr realistisch und wohl gerade deshalb umso berührender. Darin kamen Aussagen vor, wie etwa "Armut war bei mir vorprogrammiert", "Zuerst litt die Beziehung, dann die Gesundheit, dann lebte ich drei Monate auf der Straße", "Es zählt nur die- oder derjenige etwas, die oder der etwas leistet" ...
Mit Respekt
Auf die erste Frage der Moderatorin zeigten sich alle Diskussionsteilnehmerinnen gleichermaßen betroffen. Daniela Hoppaus, die an der Entstehung des Videos mitgearbeitet hatte und bei den Workshops davor dabei gewesen war, erklärte: "Das fasst es einfach gut zusammen, wie man sich fühlt."
Bürgermeisterin Kahr bedankte sich für die Erstellung dieses Videos und betonte: "Das ist es auch, was ich in den 30 Jahren meiner Tätigkeit erlebe, was ich tagtäglich höre und was mir geschrieben wird. Es ist genau so." Auch Yvonne Popper-Pieber bestätigte, dass sich die Lebensrealitäten von Frauen nur wenig geändert hätten. Auch im AMS stoße man oft an Grenzen, müssen doch Gesetze eingehalten werden. Manchmal handle es sich um mehr, manchmal um weniger polititsche Themen. Doch: "Wir haben die Hoffnung, dass es besser wird."
Debbie Adams war ebenfalls berührt vom Video und sieht gerade diese Aussagen als Inspiration aufzustehen und sich zu engagieren, etwas zu tun: "Let's make differences together!" - "Lasst uns gemeinsam Unterschiede machen!"
Auf die Frage der Moderatorin an Daniela Hopper, was ihr dringendster Wunsch sei, antwortete diese: "Dass Frauen ernst genommen werden, wenn sie mit Wünschen kommen. Dass man Respekt für ihre Situation entgegenbringt - das gilt nicht nur für die Arbeit und die Gesundheit." Weber fasste zusammen: "Ich höre da heraus, wenn man Mut hat, dann spürt man Entgegenkommen."
Bürgermeisterin Kahr warf auch ein, dass Frauen in schwierigen Lebenslagen oft auch als Bittstellerinnen dargestellt und entsprechend behandelt werden: "Beziehst du Geld vom AMS, dann wird sofort ein Stempel aufgedrückt." Das sei völlig respektlos, da sei noch viel Luft noch oben vorhanden. Im Rahmen der Stadtteilarbeit werde in Graz viel zur Verbesserung beigetragen, unbürokratisch Hilfe bereitgestellt. Um noch niederschwelliger agieren zu können, wurde z. B. im städtischen Sozialamt das Referat für Wohnungssuche geschaffen.
Kinderbetreuung
Auch das Thema Kinderbetreuung wirke sich auf die Frauenarmut aus. Oftmals finden Mütter keinen Betreuungsplatz für ihren Nachwuchs, was sie wiederum an der Erwerbstätigkeit hindert, auch Frauen mit Migrationshintergrund sind mit zusätzlichen Herausforderungen wie etwa Sprachbarrieren konfrontiert. In diesem Punkt ist man beim AMS zur Tat geschritten und bietet nun Dolmetschdienste an: "Dafür intensiveren wir unsere finanziellen Mitteln", berichtete Yvonne Popper-Pieber.
Einig war man sich, dass es einen gesellschaftspolitischen Diskurs brauche, der niemanden abwertet. Bürgermeisterin Kahr unterstrich: "Hier in Graz lassen wir niemanden zurück, egal, woher sie oder er kommt. Gemeinschaft muss alle einschließen."
Diese und zahlreiche weitere Aspekte wurden im Rahmen der Diskussion angesprochen. Fazit: "Wir können Dinge anstoßen und auf den richtigen Weg bringen."